Ein Gutes hat die Krise: Ich persönlich stelle vermehrt fest, dass Arbeitslosigkeit nicht mehr unbedingt dem Arbeitslosen angekreidet wird, sondern sich immer mehr spitzzüngige Nachbarn, schnippische und besserwissende Bekannte darüber im Klaren sind, dass sie selbst auf einer Zeitbombe sitzen.
Hier im Ort gibt es ein großes Maschinenbauunternehmen (Motoren). Diejenigen die da arbeiten waren seit je her die Kings, üppige Sozialleistungen, 35-Stunden-Woche, 31 Tage Urlaub, 14 Gehälter plus ein jährlicher Boni. Alle Azubis werden dort wie selbstverständlich übernommen und ich kenne einige hier im Ort, die sich mit 23-26 Jahren Häuser bauen. Natürlich muss es auch immer ein Neuwagen sein.
Dementsprechend hatten diese Leute dann auch eine ziemlich große Fresse. Die faulen Arbeitslosen, die einfach keinen Bock haben und sich lieber morgens vorm REWE das erste Bier aufmachen.
Ich betone: Hatten. Denn mittlerweile wird dort kurzgearbeitet und wenn man dem Artikel heute morgen in der Zeitung Glauben schenken darf, wird auch das nicht mehr lange gutgehen. Der ganze Laden ist so massiv nach unten gerutscht, dass keiner mehr gerne zugibt, dass er dort arbeitet.
Plötzlich werden Arbeitslose im öffentlichen Ansehen auch nicht mehr dem Sexualstraftäter gleichgestellt. Offenbar haben einige die dunklen Wolken über sich bemerkt.
Ich finde es toll, dass endlich mal die Richtigen arbeitslos werden. Als Angestellter eines Familienbetriebes (6 Angestellte + Chef-Ehepaar) wurde ich häufig verlacht. "Geh doch zu VW oder Daimler und mach was anständiges aus deinem Leben". Ich kriege kein Urlaubs- und kein Weihnachtsgeld, habe nur 4 Wochen Urlaub und verdiene auch nicht das, was andere bei diesen ach so sicheren Arbeitgebern einstreichen. Aber unsere Kunden sind krisenimmun und bestellen wie blöde. Ich mache im Augenblick nichts anderes als Auftragsbearbeitung. Wir stellen vielleicht sogar noch einen ein... aber garantiert keine Großfresse aus dem hiesigen Motorenwerk oder vom Daimler!
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