Zitat Zitat von -jmw- Beitrag anzeigen
Man kann hier eine Analogie ziehen zum Anarchismus. Der Staat, der existiert, ist schon deshalb nicht ideologisch neutral, weil es eben eine Ideologie "Anarchismus" gibt, die seine Existenz nicht will. Der Umstand, dass es keinen hundertprozentig sicheren Beweis für die Unrichtigkeit der Anarchisten und das Rechthaben der Etatisten gibt, war m.E. bisher auch niemandem Anlass, sich bei jenen dafür zu entschuldigen, dass man "Staat mache". Der Etatist macht eben, weil er die Macht hat - sieh den Beitrag von amendment weiter oben. Er meint, Recht zu haben und setzt sich daher selbst ins Recht, er lässt seine Tatsachen, seine Wahrheiten gelten, unter Nichtachtung anderer, ja, auch zum Schaden anderer.

Insofern ist "Neutralität" eben ein Irrtum, es gibt sie nicht. Wenn ich nicht durchsetzen darf, was andere für falsch halten, gibt es keine Politik; wenn ich nur Bestimmtes nicht durchsetzen darf, gibt es keine Neutralität.

Und also braucht man auch keine "Entschuldigung", um, wie Du es ausdrücktest, die eigene Meinung zur Staatsdoktrin zu machen. Bei wem sollte man sich auch entschuldigen? Bei denen, die einem eh nicht zustimmen, es aber durchaus einem gleich tun wollen, nur eben mit ihrer Meinung?

Wohlgemerkt sprechen wir hier durchaus eher über eine Metaebene. Freilich kann es eine bestimmte z.B. verfassungsmässig festgelegte Religionspolitik geben, die sich selbst "neutral" nennt und die daher z.B. keinen konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen kennt. Aber das betrifft dann eher das Kleinklein eine bereits vorausgesetzten Staats- und Verfassungsordnung, also mehr eine Objekt- oder Detailebene. (Hier könnte man bspw. fragen, wie "neutral" das Vorhandensein öffentlicher Schulen sei.)

Ich möchte mich hier zu Wort melden.

Wer möchte sich denn überhaupt an einer "ominösen" Neutralität "festhalten"? Zu welchen Statuten hat "Neutralitität" gefälligst zu gehören?

Selbst wer Gleichheit propagiert, denkt nicht "neutral", handelt demzufolge auch nicht "neutral"!

Woher kommt er überhaupt, dieser Anspruch auf Neutralitiät?

Von Gerechtigkeit?

Keinesfalls denn: Gerechtigkeit ist nicht neutral!

Ich gehe sogar noch weiter: Im Grunde ist nichts "neutral": keine Ideologie, keine gesellschaftlichen Werte, Statuten und Normen, keine Religion und mit Sicherheit auch keine Wertestruktur bzw. Wertehierarchie.

Es zählt einzig der Triumph des Willens in der schlussendlichen Umsetzung desselbigen!

Gerne kann man sich darüber unterhalten, wie sich Willen bildet, wie sich Willen strukturell umsetzt und welche Kriterien von Effizienz und Effektivität dabei erfüllt werden.

Hierbei setze ich die Verwendung vernunftbasierter Entscheidungsparameter voraus. Wobei man natürlich recht viel Interpretationsspielraum hat, was denn als "vernunftbasiert" zu gelten hat und was nicht. Denn selbst die Ratio ist nicht "neutral", sondern ebenfalls interpretierbar.

Für mich jedenfalls ist "Neutralität" weder ein signifikantes Merkmal zur politischen Entscheidungsfindung noch irgendeinem politischen Ideal geschuldet.