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OneDownOne2Go
Für Deutschland wäre das sicher die bessere Option gewesen. Aber auch für Japan? Die Japaner hatten Ende 1941 ein ganz handfestes Problem, ihre Ölreserven gingen dem Ende entgegen, und wegen des US-Embargos konnten sie sich so gut wie nicht nachversorgen. In Sibirien gab es da nicht viel zu holen, es hätte einen sehr weiten Feldzug nach Russland hinein gebraucht, um an Ölquellen zu kommen. Bei Eröffnung der Kampfhandlungen besaßen die Japaner noch Ölreserven für drei bis sechs Monate, die Fortsetzung ihrer Operationen war darauf angewiesen, neue Quellen zu erschließen. Im pazifischen Raum war das nicht weiter schwierig, die strategischen Ziele waren nahezu ausnahmslos mit amphibischen Operationen zu erreichen, das ist - unter dem Gesichtspunkt des Treibstoffverbrauchs - die günstigste aller denkbaren Optionen. Ein Festlandskrieg gegen die Sowjets hätte ein Mehrfaches dessen an Treibstoff erfordert, was Japan im Pazifik einsetzen musste.
Es hätte schon eines echten Blitz-Sieges über Stalin im ersten Halbjahr 1942 bedurft, und einer großzügigen Regelung bezüglich der Verteilung der in der Sowjetunion erbeuteten Ressourcen, um Japans Versorgungsproblem zu lösen. In jedem anderen Fall hätte Japan Mitte 1942 auf dem Trockenen gesessen. Das wäre eine wesentlich gefährlichere Zockerei gewesen, als es schon der Angriff auf die USA war. Ich kann schon verstehen, wieso die Japaner alles andere als angetan von dieser Idee waren.
Natürlich ist es schwierig bis unmöglich, für solche what-if-Szenarien auch nur im Ansatz den weiteren Verlauf vorher zu sagen. Trotzdem neige ich zu der Ansicht, dass das den Krieg zwar verlängert hätte, jedoch auch nichts wesentliches am Ausgang geändert. An der Grundproblematik, dass Deutschland schlicht nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besaß, um einen Krieg gegen die USA zu führen, und diese Leistungsfähigkeit auch nicht binnen Wochen oder Monaten nach selbst dem totalsten Sieg über Stalin hätte aufbauen können, hätte sich dadurch nichts geändert. Und die USA wären so oder so in den Krieg eingetreten, und wenn sie sich den Casus Belli selbst geliefert hätten, ein Szenario, in der es bei der halbherzigen Neutralität der Amis bleibt, ist total unrealistisch.
Nehmen wir mal den Idealfall an, Sieg über Stalin im Frühjahr 1942, und im Nachgang bis Ende 1942 noch eine erfolgreiche Eroberung der britischen Inseln, während Deutschland und Japan sich aus der Konkursmasse von Stalins Sowjetreich versorgen können. Für dieses Szenario haben die Amis ab Ende der 1930er geplant, ihnen hätte so oder so spätestens 1944 die Technik zur Verfügung gestanden, Ziele in Europa vom Festland der USA aus anzugreifen, eher früher, wenn sie nicht zusätzlich durch den Krieg in Anspruch genommen worden wären. Umgekehrt waren die USA für Deutschland und Japan weiter mehr oder weniger unangreifbar, zwar hätte Japan dann seinen Krieg im Pazifik soldider führen können, es hätte aber nach wie vor ebenso nicht die Ressourcen besessen, Festlands-USA anzugreifen, sieht man von Nadelstichen mal ab. Was wäre damit gewonnen gewesen?