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Thema: Sowjetische Besatzung in Prag 1968

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  1. #1
    Bolschewist Benutzerbild von Marx
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    Standard AW: Sowjetische Besatzung in Prag 1968

    Dazu mal nachlesen bei Klaus Kukuk,
    "Auf dem Dezember/Januar-Plenum der KPTsch von 1967/1968 wurde der bisherige Erste Sekretär der Partei, Novotný, abgelöst. Alexander Dubcek (27. November 1921-7. November 1992) wurde sein Nachfolger. Unter seiner Führung geriet die CSSR 1968 an den Rand eines Bürgerkrieges mit unabsehbaren Folgen für den ohnehin schon labilen Frieden in Europa.

    Kaum ein historisches Ereignis, das über Jahrzehnte so widersprüchlich interpretiert wurde und mit so festgefahrenen und festgeklopften Vorurteilen überfrachtet ist wie die Vorgänge jener Jahre 1967 bis 1969.

    Die einen sehen darin den Versuch einer konterrevolutionären Erosion des realen Sozialismus in der Tschechoslowakei und damit verbundenen erhofften Auswirkungen auf die ganze sozialistische Gemeinschaft. Ein großer Teil der politisch interessierten Bevölkerung in der Tschechoslowakei glaubte, subjektiv ehrlich, verschwommenen Visionen eines vermeintlichen Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Die Gruppe um Dubcek, die diese Vision nach Kräften und mit allen Mitteln verbreitete, verband mit dem Anspruch, etwas Bahnbrechendes angehen zu wollen, einen geradezu messianischen Ansatz. Eine dritte Gruppe verkörperten die intellektuellen Macher und Organisatoren, die hinter sozialistischer Phraseologie ihre wahren konterrevolutionären Ziele verbrämten und maskierten.

    Der erwähnte messianische Ansatz, der in den tschechoslowakischen Massenmedien euphorisch verbreitet wurde, wurde bemerkenswerterweise von der Dubcek-Gruppe in den zahlreichen bi- und multilateralen Verhandlungen mit den sozialistischen Verbündeten nie genutzt, um über Allgemeinplätze hinausgehende Vorstellungen zu entwickeln, worin die deklarierte "Erneuerung der sozialistischen Gesellschaft" eigentlich bestehen solle. In diesen Verhandlungen wurden geschönte Selbstdarstellungen dargeboten, die der bewussten Täuschung der Verbündeten dienen sollten. Das ist die schonungslose Wahrheit, die die offen gelegten Archivdokumente belegen. In der innenpolitischen Selbstdarstellung wurden - von unterschwellig bis unverblümt - die sozialistischen Verbündeten als konservativ, dogmatisch stigmatisiert.

    Historiker werden zu bewerten und zu gewichten haben, in welcher Weise führende Protagonisten des "Prager Frühling" auf dem schmalen Grat von revisionistischer Absicht und konterrevolutionärem Ergebnis schwankten und wankten. In linken europäischen, darunter auch kommunistischen Parteien (Italien, Frankreich, Spanien, Skandinavien), hält sich bis heute eine verklärte Vorstellung von jenen Entwicklungen der späten sechziger Jahre in der Tschechoslowakei. Einen erheblichen Anteil daran hatte eine die Lage grob verharmlosende Information des Generalsekretärs des ZK der FKP, Waldeck-Rochet, durch Dubcek im Juli 1968 und analoge Desinformationen für andere Bruderparteien.
    ....
    Diejenigen tschechischen Kommunisten, die Veränderungen des Sozialismus in der CSSR anstrebten und gestalten wollten, sind in das Dezember/Januar-Plenum der KPTsch von 1967/1968 lediglich mit Absichtserklärungen hineingegangen. Ihr erklärtes Ziel war die Ablösung des damaligen Ersten Sekretärs Antonín Novotný. Sie wussten im Dezember noch nicht einmal, wer ihn im Januar ablösen konnte, sollte oder wollte. Dieses Ziel einte zunächst alle politischen Strömungen im Zentralkomitee. Es gab folglich nur Befürworter. Aber aus sehr unterschiedlicher Motivation. Je nach politischem Standort.

    Innerhalb der nächsten Wochen und Monate nach dem Januarplenum schälten sich nach und nach die verschiedenen Strömungen heraus. Für die Kräfte, die den Sozialismus auf seinen Grundlagen weiterentwickeln wollten, stehen Namen wie Bilak, Indra, Husák, Kapek, Jakeš, Kolder, Lenart, Hoffmann, Nový u. a. Jene Kräfte, die den Sozialismus abschaffen wollten (Mlynár, Šik, Goldstücker, Kriegel, Pelikan, Kohout, Liem u. a.) hielten sich hinter sozialistischer Phraseologie bedeckt und spielten bis in die siebziger Jahre hinein weitgehend mit verdeckten Karten.
    ...
    Konzepte darüber hinaus hatten nur diejenigen, die hinter sozialistischer Phraseologie in der Außenpolitik zunächst eine Neutralisierung und als Folge einen Austritt aus dem Warschauer Vertrag und damit eine Annäherung an die NATO angingen, die in der Gesellschaftspolitik die staatsrechtliche Umgestaltung in eine bürgerlich-parlamentarische Demokratie anstrebten und damit die Wiederherstellung der Verhältnisse vor dem Februar 1948 betrieben.
    ...
    Eine Bewertung der Ereignisse von 1968/69 war für den politisch Interessierten wie für den Zeithistoriker ein anfangs durchaus schwer durchschaubarer gesellschaftspolitischer Komplex. Die Charta 77 sorgte dann im In- und Ausland für weitere Desillusionierungen über die wahren Ziele bei den einen und verstärkte die Hoffnungen auf die angedachten Systemveränderungen bei den anderen - ganz in Abhängigkeit von ihrer politischen Interessenlage. Ab Mitte der siebziger Jahre wurden schließlich die Karten von den Machern Mlynár (1974), Šik (1988), Pelikan, Vaculik und anderen in ihren Erinnerungen und in anderen Publikationen schon unverdeckt auf den Tisch gelegt. Wer Zugang zu diesen Publikationen hatte, konnte vom Prager Frühling ein Bild in klareren Konturen erkennen. Nach 1989 nahmen sie schon kein Blatt mehr vor den Mund. Mlynár - nach eigenem Bekunden ein Studienfreund Gorbatschows - räumte unumwunden ein, dass ein System westlich geprägten bürgerlich-demokratischem Parlamentarismus angestrebt worden war, und Šik erklärte die sozialistische Terminologie in seinem Reformprojekt zum Feigenblatt, mit dem das Ziel, die Restauration des Kapitalismus, von Anfang an getarnt worden sei. Und Goldstücker soll im Jahre 1990 oder 1991 im Haus der Tschechoslowakischen Kultur in der Leipziger Straße von sich gegeben haben: "Für uns waren Dubcek und seine Leute nur eine Zwischenlösung, denn direkt - ohne diesen Umweg - eine freiheitlich demokratische Grundordnung zu schaffen, schien uns zu riskant. Aber diese strebten wir an, das war von Anfang an unser Ziel!"

    Die Methoden westlicher Einflussnahme wurden in Jahrzehnten weiterentwickelt. Die Versuchsfelder waren die DDR, Ungarn, Polen und die CSSR. Sie trugen schließlich erheblich zu der Niederlage des europäischen realen Sozialismus im Jahre 1989 bei. Mit den Strategien wurde seitens des Westens gar nicht hinter dem Berge gehalten. Willy Brandt umriss schon 1963 in seinem Buch "Koexistenz - Zwang zum Wagnis" (Stuttgart 1963) die Konturen jener Strategie, die später als "Wandel durch Annäherung" durch Egon Bahr konkretisiert wurde. Die prägnanteste Zielstellung enthält eine Formulierung in dem Buch von Günter Nenning, in den sechziger Jahren Sekretär der Sozialistischen Internationale (In "Sozialdemokratie" Wien/Frankfurt 1963, S.197): "Der Kommunismus hat Zukunft. Seine Zukunft heißt Sozialdemokratie." Markante Beispiele lieferten auch F. J. Strauß und Z. Brzezinski mit ihren1966 erschienenen Büchern. Den tschechoslowakischen Spitzenpolitikern jener Jahre darf man unterstellen, dass ihnen westliche Strategien damals bekannt waren. Folglich darf man auch schlussfolgern: die Dubcek-Führung - und vor allem die Reformvordenker - waren sich dessen bewusst, wohin der eingeschlagene Weg führt, mithin, sie wussten, was sie taten. "

    da wurde auf die KR noch richtig geantwortet.

  2. #2
    GESPERRT
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    Standard AW: Sowjetische Besatzung in Prag 1968

    Ja, ja:
    Die Benesdekrete, sehr nachahmenswert!

  3. #3
    Др. Радован Караџић Benutzerbild von 1389
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    Standard AW: Sowjetische Besatzung in Prag 1968

    Zitat Zitat von Radeberger Beitrag anzeigen
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    Gefangen im Tümpel des Verbrechens, wurden allen osteuropäischen Ländern einschliesslich der DDR ihre Freiheit und Souveränität geraubt !!!!!

    Länder wie die CSSR die sich los sagen wollten wurden gewaltsam mit Panzern niedergeschlagen.

    Ich meine auch wenn das 40 Jahre her ist, dass es Zeit wird, dass das heutige Russland für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezahlen muss.

    oder stinkt die Korruption und das Konzernbusinessgehabe so sehr, dass man wie u.a in China über Verbrechen dieser Länder hinweg sieht ???

    fals ja - sollten wir uns auch gegen die Konzerne die uns zerstören in Europa wehren !!!!
    Diese Taten dem russischen Volk unterzujubeln ist schon ziemlich niederträchtig, zumal ja die Russen seit 1917 nich mehr die Herren im eigenen Haus sind.

  4. #4
    he is a CHAR_ Benutzerbild von borisbaran
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    Standard AW: Sowjetische Besatzung in Prag 1968

    Zitat Zitat von Sprecher Beitrag anzeigen
    "Die USA übten Druck auf Deutschland aus, das von der Türkei geforderte Anwerbeabkommen abzuschließen. "
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    Keine US-Herrschaft über Deutschland = keine Türken in Deutschland
    Netter Versuch, diese Behauptung ist nicht durch Quelen belegt und auf der Diskussionsseite wird auf Widersprüche im Quellenmaterial hingewiesen. Netter Versuch.

    Zitat Zitat von 1389 Beitrag anzeigen
    [...]zumal ja die Russen seit 1917 nich mehr die Herren im eigenen Haus sind.
    Sondern...?
    Igno-Mülleimer: Frei-denker, politisch Verfolgter, Willi Nicke, iglaubnix+2fel, tosh, monrol, Buella, Löwe, Widder58, Piedra, idistaviso, Pythia, Freelance, navy, SLNK
    Mitglied der Fraktion der Liberalen

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