Ganz und gar auf den Spuren von Kohl beschwört Kanzler Schröder unentwegt deutsche Kollektivverantwortung und konstruiert – in Übereinstimmung mit den etablierten Parteien in ihrer gegenwärtigen Verfassung – eine Erbsünde des deutschen Volkes. Bei einer der unzähligen Feiern deutscher Schuld und Sühne behauptete Schröder vergangenen Sonntag in Weimar, die Erinnerung an Völkermord sei Teil der deutschen Identität. Wenn sich Kohls und Schröders Thesen durchsetzen, so würde auch heute noch ungeborenen Generationen der Deutschen die Gleichberechtigung in der Völker- und Staatenfamilie verwehrt, während für alle anderen Völker und Staaten der traditionelle Rechtsgrundsatz gilt, dass Schuld und Sühne nur individuell gegeben sein können.
Kommenden Monat jährt sich der 8. Mai 1945, der Tag der Kapitulation, zum 60. Male. Bundesdeutsche Meinungsmacher bejubeln vor allem US-Amerikaner als „Befreier Deutschlands“. Handelte Washington wirklich zum Segen des deutschen Volkes? Wer sich die blutige US-Geschichte vergegenwärtigt, kann nicht ernsthaft zu diesem Schluss kommen. Und wer das Buch „Schurkenstaat USA“ gelesen haben wird, der bleibt immun gegen derlei Geschichtsverzerrungen. Der neue FZ-Titel von National-Zeitungs-Redakteur Sven Eggers wird in diesen Tagen fertig gestellt und kommt in Kürze zur Auslieferung. „Schurkenstaat USA“ umfasst 144 Seiten, ist interessant bebildert und kostet 14,90 Euro.
Kein Staat der Erde hat auf seinem Weg zur Weltmacht ein vergleichbar großes Blutbad angerichtet wie die USA. Während man in den USA mit Museen, Denkmälern, Bibliotheken usw. ausgerechnet deutsche Schuld beschwört und eine Holocaust-Gedenkstätte nach der anderen einweiht, sucht man vergebens nach einem Mahnmal zu Ehren der vielen Millionen ausgerotteten Indianer oder aber nach einem Denkmal, das in irgendeiner Weise die barbarische Negersklaverei aufbereiten würde. Undenkbar sind in den USA auch Mahnmale zur Erinnerung an die Opfer von mehr als 200 Einsätzen kriegerischer US-Truppen (davon nur fünf mit Kriegserklärung). Nichts erinnert an Verbrechen an Deutschen, an den atomaren Holocaust bei Kriegsende oder an die US-Blutspur, angerichtet in Paraguay, Libanon, Laos, Kuba, Kolumbien, Vietnam, Peru, Bolivien, Kambodscha, Panama, Belgrad, Bagdad usw. usf.
Dabei ist es unerheblich, ob die niedrige Schätzung von 50 Millionen oder die hohe von weit über 100 Millionen Leichen zutrifft, die den blutigen Pfad des nordamerikanischen Imperiums in den zwei Jahrhunderten seiner Existenz säumen. Zugleich hat noch kein Reich in der geschriebenen Menschheitsgeschichte seine unablässigen Raubzüge mit einem derart raffinierten Propagandaschwall kaschiert wie die USA. Beginnend mit den ersten Ausrottungsfeldzügen gegen die indianischen Ureinwohner im 18. Jahrhundert über die so genannten Kreuzzüge gegen Deutschland 1917/18 und 1941 bis 1945 bis hin zur Aggression gegen den Irak waren es angeblich stets nur gerechte Kriege, die das US-Imperium führte.
Was stimmt wirklich?
Was aber stimmt wirklich? Das neue FZ-Buch „Schurkenstaat USA“ befasst sich nicht nur mit den Ausmaßen der US-Verbrechen, sondern auch mit den Motiven. Es zeigt auf, dass die Welt nicht vor den Husseins und Bin Ladens zittern muss, sondern vor den Weltherrschaftsplänen Washingtons. Bundesdeutsche blicken spätestens seit dem jüngsten aggressiven Treiben Washingtons mit Entsetzen auf die schändliche US-Politik dieser Tage, auf Kriege, die amerikanische Soldaten auf Befehl von US-Präsident George W. Bush führen müssen. Die Erfahrungen, die die Menschheit im Allgemeinen (und die Deutschen im Besonderen) mit bewaffneten US-Interventionen machen musste, gestattet kein Schweigen.
US-Truppen marschierten, ohne dass Amerika angegriffen oder auch nur ernsthaft bedroht worden wäre, im Jahre 1917 gegen die Deutschen. Diese Intervention kann als Kern und Keim von vielem Bösen bezeichnet werden, das sich danach ereignete. Denn ein Unentschieden im Krieg in Europa wurde sabotiert, ein Kompromissfrieden verhindert. Ohne jenes 1917 kein Versailles von 1919. Und ohne Versailles (und die in der Wall Street verursachte Weltwirtschaftskrise 1929) kein 1933. Ohne 1933 kein 1939. Ebenso verheerend dann die Folgen der Rolle, die Washington im Zweiten Weltkrieg einnahm.
Dem schrecklichsten Krieg des 20. Jahrhunderts folgte nach Einschätzung des „Time Magazins“ der „erschreckendste Frieden“. Bei ihren Konferenzen 1943 und 1945 in Teheran, Jalta und Potsdam vereinbarten die „Großen Drei“, also die Führer der USA, der Sowjetunion und des Britischen Empire, eine „geordnete, humane Aussiedlung“ der Ost- und Sudetendeutschen. Tatsächlich fand jedoch ab Juni 1945 auf die Dauer von mehr als zwei Jahren ein Vertreibungs-Holocaust statt, durch den mehr als 16 Millionen Deutsche in den Reichsgebieten jenseits von Oder und Neiße, in den Sudetengebieten und in Ost- sowie Südosteuropa ihre Heimat und mindestens zwei Millionen, vermutlich sogar über drei Millionen von ihnen ihr Leben verloren.
Solcherlei grausamen Abrechnungen fielen, nachdem die Waffen schwiegen, insgesamt vermutlich 15 bis 20 Millionen Menschen in Europa und in Asien zum Opfer. Die Sieger liquidierten die Führungen von zwanzig europäischen und asiatischen Staaten. Die US-„Weltordnung“ nach dem Zweiten Weltkrieg ist geprägt vom Holocaust an den Besiegten im gigantischen Ausmaß, Teilung und Unterjochung zahlreicher Völkerschaften, deutlich mehr als 200 Kriege seit dem 8. Mai 1945, wobei die USA in mindestens der Hälfte direkt oder indirekt verwickelt waren. Gesamtbilanz dieser gerechten Weltordnung: Zwischen 40 und 60 Millionen Tote, weit über 100 Millionen Verwundete und Verstümmelte, eine Viertelmilliarde Heimatvertriebener.
„Schurkenstaat USA“ verweist auf Parallelen zwischen Geschichte und Gegenwart und wirft den Blick auf das volle Ausmaß einer gigantischen Blutspur offizieller US-Politik. In einem Sonderkapitel werden die jüngsten Folter-Skandale an irakischen Gefangenen aufbereitet, in einem weiteren Abschnitt Folterungen an Deutschen nach dem Zweiten beleuchtet. Ein lesenswertes Buch!
DSZ