Morgen wäre sie 100 Jahre alt geworden - Marion Hedda Ilse Gräfin von Dönhoff
Die Grande Dame des deutschen Journalismus wurde am 2. Dezember 1909 auf dem Familiensitz Friedrichstein in Ostpreußen geboren. Der Vater August Karl Graf Dönhoff war Mitglied des Preußischen Herrenhauses und Reichstagsabgeordneter, ihre Mutter Ria von Lepel Palastdame der Kaiserin Auguste Viktoria.
Wer war diese Frau, die entscheidenden Einfluss auf die deutsche Presselandschaft der Nachkriegsära hatte? Von der ersten Ausgabe der Tageszeitung "Die Zeit" bis zu ihrem Tod 2002, begleitete sie diese Zeitung redaktionell und als Herausgeberin.
Bei ihr in Ostpreußen, liefen die Fäden des deutschen Widerstandes um den "20 Juli" zusammen zusammen. Mit Hilfe einiger Zufälle und Freunde überstand sie die angeordneten Säuberungsaktionen von Hitler und seinem Vollstrecker Freisler.
Der Verlust der ostpreußischen Heimat war für sie ein schwerer Schicksalsschlag, der lange in ihr nachwirkte. Gerade an der Neuen-Ostpolitik der Bundesrepublik hatte sie schwer zu tragen. Gewaltverzicht ja, aber Anspruchsverzicht, den wollte sie lange so nicht akzeptieren. So brachte sie es aus persönlichen Gründen auch nicht übers Herz, Willi Brand bei seiner Ostmission nach Polen zu begleiten!
Sie war immer auch ein Kritikerin der Maßlosigkeit, der Gier, des kulturellen und ethischen Wertverfalls. Ein Mahnerin vor dem zivilisatorischen Verfall der Gesellschaft.
[Links nur für registrierte Nutzer]Gräfin Dönhoff: Ich bin ja sehr überzeugte Preußin. Und wenn ich definieren soll, was für Preußen typisch war, dann würde ich sagen eine gewisse Kargheit in jeder Beziehung, kein Luxus … ich glaube, das kann man wirklich sagen, dass Wohlstand immer ein bisschen Verdacht erregte. Da kommen die Leute nicht dazu, wirklich nachzudenken. Dazu gehörte auch eine religiöse und ethische Grundhaltung, nicht wie heute, wo das Wichtigste immer Wirtschaft ist. Das finde ich immer sehr traurig, dass alles Menschliche und Künstlerische an den Rand gedrückt ist. Und das ist natürlich ein Gegensatz zu Preußen. Ich denke mir, wenn man sich heute etwas wünschen könnte, dann würde ich mir wünschen, dass mehr ethische Gesichtspunkte in den Alltag kommen. Wir sehen ja, wohin diese Brutalität und Rücksichtslosigkeit, nur Wirtschaft, nur Eigennutz, wohin das führt. Nicht wahr, alle diese schrecklichen Sachen, dass eine Lehrerin erstochen wird von einem Schüler, die ganze Klasse sitzt da, guckt zu, macht nichts, das war in Preußen ganz unmöglich.
Eine kluge Frau!