KfW Research Fokus Volkswirtschaft
Extremwetterereignisse: versichert sein oder nicht, das ist hier die Frage
Nr. 390, 6. Juli 2022 Autoren: Dr. Daniel Römer
Dr. Johannes Salzgeber
Extremwetterereignisse haben in den vergangenen Jahren in Deutschland zahlreiche Menschenleben gekostet und erhebliche materielle Schäden verursacht. Durch den
Klimawandel werden diese Ereignisse wahrscheinlicher. Damit stellt sich neben einem besseren technischen Schutz gegen diese Naturgefahren auch die Frage, wie mit den damit verbundenen
materiellen Risiken umgegangen werden soll. Die aktuelle Abdeckung durch
Versicherungen gegen Elementarschäden erscheint angesichts der realisierten und zukünftig drohenden Schäden als unzureichend.
Mögliche Gründe für die zurückhaltende Nachfrage nach entsprechenden Policen sind die geleisteten staatlichen Hilfen und informatorische Defizite aufseiten der Haushalte. Eine Möglichkeit Abhilfe zu schaffen ist eine
Pflichtversicherung gegen Elementarschäden, die insbesondere durch die verheerenden Schäden der Sturzflut im Juli 2021 wieder stärker in den Fokus gerückt ist und politisch diskutiert wird. In der Befragung zum KfW-Energiewendebarometer zeigen sich zwei Drittel der Haushalte aufgeschlossen für eine solche Pflichtversicherung. Diese mehrheitliche Unterstützung in der Bevölkerung lässt sich als Wunsch verstehen, den Versicherungsmarkt durch staatliche Eingriffe zu optimieren. Hierbei sind in der konkreten Ausgestaltung verschiedene Fallstricke zu beachten. Letztendlich wird eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung für die Einführung einer
Pflichtlösung nur möglich sein, wenn diese ausreichende Anreize zur Risikovorsorge setzt und gleichzeitig eine tragfähige Lösung für diejenigen Haushalte bietet, die durch eine solche Versicherung besonders belastet würden.
...
Eine Pflichtversicherung kann Vorteile bieten
Ohne adäquate Versicherung droht Haushalten im Schadensfall häufig der Ruin, wenn umfangreiche staatliche Hilfen ausbleiben. Viele Menschen verlassen sich jedoch bei der Risikobewertung auf Erfahrungswissen. Das vergleichsweise seltene Auftreten von Naturkatastrophen kann insofern erklären, warum Hauseigentümer ihr Risiko, in Zukunft von einem Extremwetterereignis betroffen zu sein,
systematisch unterschätzen.10
Eine empirische Untersuchung der Effektivität von groß angelegten Awareness-Kampagnen findet jedoch bisher keinen
signifikanten Effekt der Kampagnen auf die Versicherungsnachfrage deutscher Haushalte. Ein rein informatorischer
Ansatz allein erscheint deshalb als unzureichend.11 Das zentrale Anreizproblem bei Elementarversicherungen dürfte vielmehr in der Annahme der Haushalte basieren, dass der
Staat im Katastrophenfall finanzielle Hilfen für die entstandenen Schäden bereitstellt:
Fehlender Versicherungsschutz macht Staatshilfe wahrscheinlicher, was wiederum die Wahrscheinlichkeit eines eigenen Versicherungsschutzes reduziert. 12 Dieses
Anreizproblem wird auch als
»Dilemma des Samariters«13 bezeichnet – und lässt sich in der Praxis nur schwer umgehen:
So lag in Nordrhein-Westfalen zwar ein Beschluss vor, dass alle „Schäden, die wirtschaftlich vertretbar versichert werden können“, grundsätzlich nicht soforthilfefähig sind.14 Angesichts der akuten Not der Menschen wurde dies jedoch nicht umgesetzt. Vielmehr haben im vergangen Jahr die staatlichen Fluthilfen auch allen Unversicherten eine Erstattung
von
80 % ihres Schadens ermöglicht. 15
...
vollstaendiges Dossier hier zum kostenlosen PDF download
[Links nur für registrierte Nutzer]