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Lange blieben die Staatsmänner des Westens dabei unter sich. Auf die Idee, dass ein deutscher Bundeskanzler an den Feiern teilnehmen könnte,
die des Sieges über sein eigenes Land gedenken, kam man erst spät - früher gab es ein Taktgefühl, das diesen Gedanken ohne weitere Debatten ausschloss.
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Nun hat Angela Merkel angekündigt, am 11. November in Paris dabei sein zu wollen, als erster Regierungschef der Bundesrepublik. Neben Sarkozy, der plant, den Tag zu einem Datum der deutsch-französischen Versöhnung umzuwidmen, wird sie eine Rede am Grabmal des Unbekannten Soldaten halten. Diese Nachricht erzeugt ein leises Schaudern.
Ist die Mimikry der Bundesrepublik auf ihrem „langen Weg nach Westen“ nun so weit gediehen, dass man sich in einer erinnerungspolitischen Gymnastik als der Besiegte den Siegern zugesellen will?
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Zudem wird der 11. November in Paris auch mit einer
Militärparade gefeiert. Der Händedruck von Helmut Kohl und François Mitterrand in Verdun, dem Ort der schlimmsten Schlächtereien, hatte einen ganz anderen Charakter.
Diese Geste der Versöhnung war nicht nur legitim, sondern ein historischer Moment: Denn sie war nicht in eine Siegesfeier und eine Demonstration der eigenen militärischen Macht eingebunden, wie sie eine Parade notwendig darstellt.
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Man kann diesen Tag, an dem der Erste Weltkrieg zu Ende ging, auch in Deutschland ehren - am besten schweigend. Und wer noch Familienbilder aus dieser Zeit besitzt, kann im Stillen der nächsten Gefallenen gedenken.