Zerstörtes Land
Die Folgen des »Nichtkrieges« sind bekannt: In Kosovo begann ein Massenexodus von nahezu biblischen Ausmaßen. Während zwischen dem März 1998 und dem März 1999 170000 Bewohner vor den Auseinandersetzungen zwischen der UCK und den jugoslawischen Sicherheitskräften aus dem Gebiet geflohen waren, flüchteten allein im ersten Kriegsmonat 600000 Menschen. Zum Kriegsende waren es 800000, darunter 70000 Serben und Roma, zum größten Teil aber albanische Bewohner des Gebietes. Sie verließen das Gebiet, flüchtend vor den NATO-Bomben, die Serben und Albaner töteten – allein Pristina wird 280mal von der NATO angegriffen –, vertrieben von serbischen Paramilitärs, den Aufrufen der kosovo-albanischen »Befreiungsarmee« UCK folgend und ihren Terror gegen »Kollaborateure« fürchtend, Schutz suchend vor den Kämpfen zwischen der UCK und dem jugoslawischen Militär.
Ganz Jugoslawien blutete aus unzähligen Wunden. Zertrümmert oder demoliert wurden 60 Brücken, 19 Bahnhöfe, 13 Flughäfen, 480 Schulobjekte, 365 Klöster, Kirchen, Kultur- und historische Gedenkstätten, darunter der Park des Gedenkens an die im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Wehrmacht erschossenen 7 000 jugoslawischen Bürger. Mit herkömmlichen und Graphitbomben wurden die Hauptelektrizitätswerke angegriffen und über längere Zeiträume bis zu 70 Prozent der Bevölkerung von der Stromversorgung abgeschnitten. Die Auswirkungen für die Grundversorgung der Zivilbevölkerung, für Krankenhäuser, Geburtskliniken, Inkubatoren, Wasserpumpen und viele andere Bereiche waren katastrophal, zeitweilig konnte die Bevölkerung durch den Ausfall der Alarmsirenen nicht einmal mehr vor den Angriffen der Terrorpiloten gewarnt werden. Zerschlagen wurden die Relaisstationen für Rundfunk und Fernsehen, darunter die in der unmittelbaren Nähe der nationalen Gedenkstätten auf dem Avala-Berg bei Belgrad und dem Lovcen in Montenegro.
Zerstört oder beschädigt wurden 110 Krankenhäuser, lebensnotwendige medizinische Geräte, Hilfs- und Arzneimittel. Infolge der Bombardierung von Straßen, Brücken und Bahngleisen sowie des Kraftstoffmangels nach der Zertrümmerung der Raffinerien mußte die Behandlung von Patienten mit chronischen Herz- und Nierenerkrankungen, von Diabetes- und Krebspatienten unterbrochen oder verspätet durchgeführt werden. Der wochenlange Aufenthalt in Schutzkellern führte bei vielen zum Ausbruch von schweren Darmerkrankungen.
In Schutt und Asche gelegt wurden 121 Industriebetriebe, in denen 600000 Jugoslawen in Arbeit standen. Rund 2,5 Millionen Menschen verloren damit ihre Existenzgrundlage. Über 2500 Menschen wurden getötet, mehr als 10 000 schwer oder leicht verletzt. Dreißig Prozent aller Getöteten und vierzig Prozent der Verstümmelten und Verletzten waren Kinder.4
Raub des Kosovo
Nach diesem »glorreichen Sieg« wurde das südserbische Gebiet Kosovo von der NATO okkupiert. Unter den Augen der Besatzungstruppen wurden 250000 Serben, Roma und andere Nicht*albaner vertrieben, die Gebietshauptstadt Pristina wurde »judenfrei«. Die im Kerngebiet Kosovos verbliebenen wenigen Serben leben seither wie in Ghettos, ständig mörderischen Überfällen und anderen Gewalttaten ausgesetzt. Alles, was an die fast tausendjährige serbische Geschichte des Gebietes erinnert, wurde und wird systematisch ausgelöscht. Weit mehr als 100 Klöster und Kirchen sind inzwischen zerstört. Der seit sieben Jahrhunderten bestehende, seit Juni 1999 dreifach bewehrte Sitz des Patriarchen der Serbischen Orthodoxen Kirche in Pec wurde wiederholt angegriffen. In der Stadt Pec und Umgebung lebten vor dem Krieg 32000 Serben, heute ist ihre Zahl an den Fingern abzuzählen.