Normalerweise herrscht Gedrängel an den meisten Haltestellen der strengreligiösen Gegenden Jerusalems. Sobald die Busse vorfahren, streben Männer in schwarzen Mänteln und Hüten sowie züchtig gekleidete Frauen zur Tür, um einen guten Platz zu ergattern. Vergangene Woche aber bot sich ein ganz anderes Bild: Die Haltestellen waren leer. Religiöse Fanatiker bewarfen stattdessen die Busse im ultraorthodoxen Viertel Mea Schearim mit Steinen, zerstachen Reifen und bedrohten Angestellte. Auch im benachbarten Geula kam
es zu Demonstrationen. Die Betreiberfirma Egged sah sich gezwungen, den Busverkehr kurzzeitig auszusetzen.
Eine neue Qualität im Kampf um die im Volksmund als
koscher bezeichneten Busse, der bereits seit Jahren schwelt, ist erreicht. Wobei das Wort „koscher“ in diesem Zusammenhang blanker Euphmismus ist.
Tatsächlich handelt es sich um öffentliche Verkehrsmittel des landesweit operierenden Unternehmens Egged,
die ihren Service nach Geschlechtern getrennt anbieten. Frauen dürfen ausschließlich hinten einsteigen und sitzen, Männer vorn. Wer keinen langen Rock und hochgeschlossene Bluse trägt, darf gar nicht erst mit. Blicke und Berührungen sind strengstens untersagt. Männliche religiöse Autoritäten diktieren Frauen – in Übereinstimmung mit einem öffentlichen Unternehmen – ob ihre Kleidung züchtig genug ist, wo sie einzusteigen und zu sitzen haben.