Benny Morris, Historiker an der Hebräischen Universität von Jerusalem, glaubt, daß die Hagana Abba Kovner verraten hat. “Die jüdische Führung in Palästina hat schon 1945, also noch vor der Staatsgründung, verstanden, daß Rache an den Deutschen zumindest problematisch war. Nicht Rache sollte die jüdische Politik bestimmen, sondern das Überleben, die Errichtung eines Staates. Freunde im Ausland waren wichtiger als tote Deutsche.”
Statt ihre Racheträume in historischen Ausmaßen verwirklicht zu sehen, fanden sich die Rächer um Abba Kovner im Abseits. Der Historiker Tom Segev sagt: “Sie sahen sich als die Boten des jüdischen Volkes. Als Soldaten. Und sie glaubten, daß sie die Pflicht hätten, diese reinigende Aktion auszuführen um einen Schlußstrich zu ziehen und ein neues Leben beginnen zu können. Doch mit dieser Auffassung standen sie allein da.”
Dov Shenkal erinnert sich: “Anfang Dezember kam ich in München an. Ich traf Pascha und weitere fünf bis sechs Leute. Sie wollten das Trinkwasser einer deutschen Großstadt vergiften. Immer wieder forderten sie mich auf mitzumachen. Sie sagten: Sechs Millionen Juden wurden abgeschlachtet! Ich antwortete: Wenn wir jetzt sechs Millionen Deutsche umbringen, sind wir ja selber Nazis.”
Abba Kovner kommt nie an. Kurz vor dem Hafen von Toulon wird Kovners Name über die Bordlautsprecher ausgerufen. Er soll sich beim Kapitän melden. Als er an Deck kommt, wird er verhaftet und vier Monate lang in einem britischen Militärgefängnis in der Nähe von Kairo interniert. Das Gift wird nie gefunden.
“Unsere Rache war winzig und fast unwichtig im Schatten des industriellen Massenmords.”
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