Im Inneren waren die Wände glatt, ohne Ritzen und wie lackiert. Draussen erblickte man neben dem Türsturz vier Knöpfe, von denen jeder unter einem anderen lag: einen roten, einen gelben, einen grünen und einen weissen. Doch beunruhigte mich ein Detail: Ich begriff nicht, wie sich das Gas aus den Duschköpfen niedersenken konnte. Neben dem Raum, in dem ich mich befand, lag ein Gang. Ich betrat ihn und sah ein gewaltiges Rohr, das ich mit beiden Armen nicht ganz umfassen konnte und das von einer ca. einen Zentimeter dicken Gummischicht umhüllt war. Daneben befand sich eine Kurbel, die sich von links nach rechts drehen liess und so das Gas hineinleitete. Der Druck war so stark, daß es sich bis auf den Boden niedersenkte, weshalb keines der Opfer dem entrinnen konnte, was die Deutschen den "langsamen und süssen Tod " nannten.
Unterhalb der Stelle, wo die Röhre in die Gaskammer einmündete, befanden sich dieselben Knöpfe wie an der Aussentür: ein roter, ein grüner, ein gelber und ein weisser. Sie dienten offenbar dazu, das Niedersinken des Gases zu messen. Alles war tatsächlich streng wissenschaftlich organisiert. Der Teufel selbst hätte es sich nicht besser ausdenken können. Abermals betrat ich die Gaskammer, um herauszufinden, wo sich das Krematorium befand.
Was mir zuerst in die Augen stach, war eine Art rollendes Förderband aus Eisen. Dieser perfekt konstruierte Apparat drehte sich unermüdlich und reichte bis in die glühenden Öfen hinein. Man bahrte dort die in der angrenzenden Kammer aufgesammelten Leichen auf, und er brachte sie zum Ofen. Als ich diesen unvergesslichen und erschütternden Besuch unternahm, waren die Apparate in vollem Betrieb und voll ausgelastet...
Nachdem ich mir dieses Inferno nochmals angesehen hatte, setzte ich meinen düsteren Spaziergang in bedrücktem Schweigen fort. Ich öffnete die Tür eines dritten Zimmers. Es war dies die Reservekammer. Dort türmten sich die Leichen, die man nicht am gleichen Tag hatte verbrennen können und die man für den folgenden Tag aufsparte. Niemand, der es nicht selbst miterlebt hat, kann sich das Grauen dieser dritten Szene ausmalen. Rechts, in einer Ecke der Kammer, lagen die Toten, nackt, ausgeplündert, ohne jeglichen Respekt kreuz und quer übereinandergeworfen und in bizarren Stellungen verrenkt. Man hatte ihnen die Kiefer gebrochen, um die Goldprothesen herauszureissen -- ganz zu schweigen von den schändlichen "Durchsuchungen", denen man die Leichen unterzogen hatte, um sicher zu sein, daß sie keinerlei Schmuckstück enthielten, welches die Schatzkammern der Nazi-Ungeheuer hätte bereichern können...
Ich warf einen letzten Blick auf diesen Ort der Schande und des Entsetzens und las im Lichte der Flammen, die acht bis zehn Meter hoch aus dem Ofen schossen, den zynischen Vierzeiler, der an der Wand des Krematoriums stand:
Der ekle Wurm darf nimmer meinen Leib versehren! Drum soll die reine Flamme mich verzehren Stets liebte ich die Wärme und das Licht Darum verbrenne mich, begrab mich nicht!
Zuletzt bot sich mir noch ein Anblick dar, welcher der deutschen Wissenschaft zum Stolz gereichte:
Mehr als einen Kilometer lang und etwa anderthalb Meter hoch war die Asche aufgeschichtet, die man den Öfen sorgsam entnommen hatte, um damit Kohl -- und Rübenfelder zu düngen! So verliessen Hunderttausende von Menschen, die diese Hölle lebendig betreten hatten, sie als Dünger...