Nach Beverlys Frage, wie eine authentische Linke aussehen müsste, möchte ich nun die Frage stellen, wie sich eine "moderne Rechtspartei" ausrichten sollte, was "rechts" eigentlich bedeutet (Rechts von der Mitte? Die eigentliche Mitte?) und inwiefern "modern" überhaupt ein passendes Attribut für authentisch "rechte" Politik seien kann.
Der Einfachheit halber werde ich ab jetzt auf die Anführungszeichen bei politischen Begriffen verzichten, obwohl sie in einer Diskussion über die Ausrichtung und Spannweite dieser Attribute natürlich angebracht sind.
Verständlich sollte auch sein, dass Rechtspartei ein für das Forum zwar griffiger, in der politischen Realität aber problematischer Begriff ist, weil Rechts im Gegensatz zu Links ein diskreditiertes Wort geworden ist, und die Schläge im "Kampf gegen Rechts" (Der verdient es immer, in Anführungszeichen gesetzt zu werden!) mehr und mehr in die Mitte der Gesellschaft zielen.
Übrigens: Laut einer Allensbach-Studie von 2004 denken 71% der Bundesbürger beim Wort rechts an "radikal", 67% an "gewalttätig", 63% an "Bedrohung" und 50% an "Dummheit." Die Maltaeser haben also ganze Arbeit geleistet, obgleich zu fragen ist, inwiefern solche Studien nicht ihrerseits interessengeleitet sind.
Wie auch immer.
Die Fragen, die sich eine moderne Rechtspartei stellen muss - und zu denen sie Position beziehen muss, lassen sich zu einem Gutteil an drei Usern dieses Forums festmachen: An Sauerländer, an Cash und an marc.
Cash ist ein bekennender Homosexueller und in der Fraktion für Demokratische Rechte. Wer seine Beiträge liest, wird nicht daran zweifeln, dass er potentieller Wähler einer Rechtspartei seien könnte, bzw. Wähler einer Partei, die von linker Seite als "rechtspopulistisch" bezeichnet wird.
Eine moderne Rechtspartei muss nun Stellung zu der Frage beziehen, inwiefern rechts und homosexuell kompatibel sind. ("Man kann sich nicht nicht Entscheiden.")
Beispiel 1: Pim Fortuyn, gemeinhin als "Rechtspopulist" bezeichnet.
Erste Erfolge bei Leefbaar Nederland, schließlich die Lijst Pim Fortuyn. Exzentrisch, hedonistisch, homosexuell - bewegte er sich dennoch im Dunstkreis rechtsbürgerlicher Strömungen, diverse Skandälchen um ausländer- und frauenfeindliche Kommentare, Anmerkungen zu Hitler.
Ich selber habe meine Zweifel, inwiefern man ihn als rechts bezeichnen kann, aber dazu später mehr.
Jedenfalls scheint er Prototyp einer modernen Rechtspartei zu sein.
Beispiel 2: Bela Althans. Je nach Sichtweise exzentrisch oder groteske Figur der Neo-Nazi-Szene, Wiking-Jugend, Rudolf-Heß-Aufmärsche, NPD, Junge Nationaldemokraten. Berühmt vorallem durch zwei Filme: "Beruf Neonazi", in dem gezeigt wird, wie er gemütlich durch Auschwitz schlendert und den Holocaust leugnet und: "Männer, Helden, schwule Nazis" von Rosa von Praunheim.
Althans nämlich war auch ein bekennender Homosexueller, der damit nach eigener Aussage keine größere Probleme in rechtsextremen Bewegungen hatte.
("Der sagte nur zu mir: Kamerad, was du in deinem Schlafzimmer machst, das interessiert uns nicht. Wichtig ist, was du für dein Volk tust.")
Beispiel 3: Alessandra Mussolini, Enkelin von Benito. Sagt so Sätze wie "Lieber ein Faschist, als eine Schwuchtel!" Zitiert in Interviews gerne Passagen von Oriana Fallaci, die Homosexuelle als "ungewisse Spezies" beschrieben hat, die durch "ihren Ärger, nie eine richtige Frau werden zu können" zu frauen- und mütterfeindlichen Tunten würden.
Entspricht also ziemlich dem Clichee, das es von Rechten gibt.
Unterschiede gibt es allerdings nicht nur zwischen Beispiel 3 und den anderen, sondern auch zwischen Eins und Zwei, die als Überleitung zu Sauerländer dienen sollen.
Sauerländer hätte wohl Probleme mit der Kombination von modern und rechts, aber vorallem ist der relevante Unterschied die Beziehung zum Islam, der Folge eines tiefergehenden Unterschieds ist.
Denn jemand wie Pim Fortuyn will im Grunde nur rechte Politics (prozessuale Dimension), rechte Polity (institutionelle Dimension) benutzen, um (weite Teile) linker Policy (inhaltliche Dimension) zu verteidigen.
Polemisch gesagt: Moscheen abreißen und Kanakken abschieben, damit wir weiterhin dem Matriachat frönen können und uns daran erfreuen dürfen, wie sich erwachsene Männer gegenseitig mit Kunstsperma aus der Super-Soacer bespritzen, von den Jusos dafür beklatscht werden und zum Dank für ihren heldenhaften Einsatz gleiche Adoptionsrechte gewährt bekommen.
Gewinnt eine groteske Komponente, wenn man z.B. der Ansicht ist, dass diese Formen von Gender, Homo, Feminismus usw. einen Gutteil der Schuld dafür tragen, warum wir überhaupt auf die Einwanderung zeugungswilliger Migranten angewiesen sind.
An dieser Stelle müssen also die Frage nach dem Islam und nach der Mitte folgen.
Soll rechte Politik also verstanden werden als eine Politik der Mitte, die nicht mehr von den etablierten Parteien bedient wird? ("Wir wollen weder Baukräne noch CSD, weder Genderfeminismus noch Sklavinnen!") oder muss rechte Politik eben versuchen, die Mitte wirklich nach rechts zu ziehen?
Verhältnis zum Islam:
Möglichkeit Eins: Der Islam wird teilweise als Verbündeter (gegen die Moderne, Linke usw.) betrachtet, und durch die "normative Kraft des Faktischen" wird ihm auch eine gewisse/eingeschränkte Existenzberechtigung im Abendland anerkannt.
Möglichkeit Zwei: Der Islam wird teilweise als Verbündeter betrachtet, aber die gleichberechtigte Existenzberechtigung in Europa wird ihm abgesprochen. (Lässt sich mit christlichem Missionsgedanken ausserhalb Europas kombinieren.)
Möglichkeit Drei: Der Islam wird als (internationaler) Gegner betrachtet und ist für Rechte das, was für Linke die NPD ist.
Die internationale Komponente führt natürlich auch zu der Frage, wie Außenpolitik ausgerichtet seien sollte: Keine Soldaten für Kriege der USA? Oder Bomben auf den Iran?
Erwähnenswert auch das Verhältnis zur Wirtschaft:
Teilweise ist ja auch der Kadaver des Sozialdarwinismus in Gestalt des Ultrakapitalismus wieder auferstanden.
Der Einfachheit halber würde ich drei Möglichkeiten von Wirtschaft unterscheiden und gleich in die Umfrage einbauen:
1. Kapitalistisch
Privateigentum an Produktionsmitteln, Privatisierung öffentlicher Güter, offene Grenzen, Ausrichtung des Bildungssektors an der Wirtschaft: "Wirtschaftskrieger" - Wettbewerbswirtschaft. Usw.
2. Sozialistisch
Kein oder eingeschränktes Privateigentum an Produktionsmitteln, Verstaatlichung statt Privatisierung (Beispiel Bahn, Post usw.), Ausrichtung des Bildungssektors (auch) an übergeordneten Zielen. ("Volksbildung")
3. "Keynesianisch"
Privateigentum an Prodkutionsmitteln, freies Unternehmertum, das allerdings in einem etwas enger definierten Rahmen sich bewegen darf. Staat als ökonomischer Akteur, der z.B. in Krisenzeiten Aufträge für den Bau von Autobahnen gibt. Deficit spending > Investitionen, um Konsumfreudigkeit anzuregen. (Vgl. z.B. Bofinger)
Ich befürchte, dass diese drei Formen jetzt verfälschend einfach umzeichnet sind, aber der Thread ist schon zu lange und natürlich sollte klar sein, dass alle drei Formen zahlreiche Unterformen kennen.
Alles andere packe ich in die Umfrage, aber nach Sauerländer und Cash noch der User marc:
Dem aufmerksamen Leser sollte nicht entgangen sein, dass auch ich meine rechtsreaktionären Phasen kenne, meine antimodernistisch, konservativ, prokatholischen, antifeministischen (...) Davila-Phasen.
Auch ich wäre jedenfalls potentieller Wähler einer Rechtspartei bzw. einer "rechtspopulistischen" Partei.
Allerdings bin ich zwar deutscher Staatsbürger, habe aber einen "Migrationshintergrund" (Vater im ehem. Jugoslawien geboren, Mutter in der ehem. Tschechoslowakei, allerdings mit gebürtig deutscher Mutter - d.h. meiner Oma. Beide Elternteile haben erst mit Anfang 40 die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.)
Auch gegenüber Leuten wie mir muss eine moderne Rechtspartei also Stellung beziehen, was zu der Frage führt, wie das Volk, wie ein Kollektiv überhaupt definiert wird.
Möglichkeit Eins: Rassisch und/oder Biologisch.
Möglichkeit Zwei: Kulturell.
Möglichkeit Drei: Verfassungspatriotisch.
In den USA z.B. hätte sich diese Frage weniger gestellt, da sie lange das Einwanderungsland schlechthin waren, obgleich sich das in den letzten Jahren verändert hat. (Vgl. z.B. Huntington, Who Are We?)
Bei der Rassenfrage müsste man kläre, wie diese überhaupt definiert wird: Nach Horst würde ich zwar zur "nordischen Rasse" zählen, nach den Nazis im Dritten Reich aber wohl eher als Produkt von Volkszersetzung oder sowas gelten.
Die Frage ist aber auch, wie man mit Migrationshintergründlern umgehen soll, die jetzt nunmal in Deutschland leben, die jetzt nunmal die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Was soll man mit ihnen machen?
Wie soll man diese differenzieren: Muslimisch - Nichtmuslimisch? Schwarz - Weiß? Christlich - Unchristlich? Homophob - Homophil?
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Sehr geehrter Herr McNeill,
Ich kann Ihnen allerdings versichern, daß Sie unter einer NPD-Regierung nicht abgeschoben würden. Da Sie ja selbst sagen, daß Sie einen deutschen Paß besitzen, wäre dies rechtlich auch gar nicht möglich. Man kann der NPD sicher viel vorwerfen, sicherlich aber nicht, daß wir vorhätten, die Rechtsstaatlichkeit zu verletzen. Ein Deutscher kann nicht abgeschoben werden.
Das Wort "Abschiebung" findet sich aber tatsächlich in unserem Programm, bezieht sich dort aber auf Scheinasylanten und kriminelle Ausländer, die wir in der Tat konsequent abschieben würden.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Voigt
So. Alles andere (Verhältnis zu Israel und Juden z.B.) kommt in die Umfrage, für die ich aber etwas Zeit brauchen werde.
Ausserdem wäre es begrüßenswert, wenn dort nur wenige kampfspammende Maltaeser rumklicken, die es aus irgendeinem unerfindlichen Grund noch immer irgendwie "witzig" finden, einfach alle Möglichkeiten auszuwählen.