Ich wage angesichts eigenen Erlebens die Vermutung, dass gerade intelligente Menschen, die nach einem Mindestmaß von Sinn und Orientierung suchen durch die Bank von dem angeekelt oder angeödet sind, was ihnen da geboten wird. Gerde das ach so tolle postmoderen-spirituelle-blablabla 21. Jahrhundert zeichent sich dadurch aus, vergangene Ideologien in einer Art zu recyceln, die von der NPD bis zum Chrissival mehr als peinlich ist. Man hat bei all den Veranstaltungen den Eindruck, wer einen IQ von über 90 hat, ist da nicht willkommen. An der Basis ist totale Verblödung gefordert, bei den Kadern absoluter Zynismus. Das Fußvolk wird in ideologischen Schaukämpfen aufeinander gehetzt, alldieweil die Führungen zu träge sind, auch nur mit Wattebällchen nacheinander zu schmeißen.
Ich selbst habe da festgestellt, dass es zwei bis drei Gruppen von Ideologien gibt:
1. Jene, die schlichtweg in einer anderen Welt leben wie orthodoxe Juden und strenggläubige Moslems und die einfach keinen Bezug zu mir haben. Früher einmal hätte ich gesagt, dass Religion grundsätzlich überholt sei, aus der Sache an sich. Heute aber denke ich, dass religiöser und säkularer Diskurs auf die gleichen Fragen nur andere Antworten geben und dass man gerade die geistigen Höhenflüge des säkularen Diskurses als "Fortsetzung der Religion mit anderen Mitteln" auffassen kann.
2. Jene, wo es teilweise Übereinstimmung und teilweise Dissens gibt wie Nationalismus und Konservatismus oder auch den Liberalismus. Deutschland als Gemeinwesen und Kulturnation, wo die Menschen auf Grundlage klarer Strukturen leben und wo ein Bürgerrechts-Liberalimus einem allzu mächtigen Staat und eine allzu vereinnahmenden tradierten Gesellschaft Grenzen setzt - das wäre bei allen Mängeln, Konflikten und Tragödien doch nicht schlecht
3. Jene, die auf meiner Wellenlänge sind - die Arbeiterbewegung, die Linke, die Grünen, wie sie einmal waren, die Sozialisten, die Anarchisten und in der Hard-Variante die Bolschewisten.
In einer halbwegs normalen Welt würde sich da die Frage stellen: "Welche Ideologie ist am besten? Welche Ideologie passt am besten zu mir?" Die Anhäger der verschiedenen Ideologien würden sich vermutlich auch mehr oder weniger kräftig beharken und mit ihren von Tür zu Tür gehenden Kadern die Leute nerven. Vom Wohnprojekt für orthodoxe Juden über die Landkommune für Grüne bis zur 70-Stunden-Woche für Hardcore-Kapitalisten am hippsten Bauprojekt in Dubai hätte da jeder was anzubieten. Die NPD hätte endlich ihre Arbeitsgruppe "schwul, national und rechtsradikal" und jene Partei, bei der ich im Moment gerade über den Austritt nachdenke, hätte für die Intiatoren gewisser "Vereine" in guter alter NKWD-Tradition den Genickschuss im Angebot
Doch heute stellt sich die Frage eher "welche Ideologie ist am schlimmsten"? Nicht weil Religiosität, Nationalismus, Kommunismus oder Liberalismus etc. an sich so verwerflich sind, sondern weil sie von ihren Exponenten in einer zutiefst verwerflichen Form praktiziert werden. Gerade diejenigen, die da mal an was geglaubt haben, werden zwischen einem Mob aus lobotomisierten Deppen und einer zynischen Führung zerrieben, rausgeekelt oder gehen nicht mehr hin.
Man hat auch nicht mehr den Eindruck, dass da nun mal ganz verschiedene Welten aufeinanderprallen und es deshalb so unversöhnlich und intolerant zugeht. Nein, der Mullah in Teheran im Mercedes, der Rabbi mit Yuppie-Ausstrahlung in Budapest und uns Guido von der FDP als Mutter aller Yuppies sind alle Teil der gleichen Welt. Sie lassen es sich gut gehen, sondern fürs Fußvolk irgendeinen Schwachsinn ab. Dünnpfiff die Ideologie der Islamisten, noch größerer Dünnpfiff diejenigen, die zum "Krampf gegen den Islam" aufrufen.