Religion und Vernunft
Ratzingers Angriff auf die Demokratie
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Die Modernität, die wir kennen, die westliche Modernität, die zur Demokratie führt, gründet sich auf der Idee von der Autonomie des Menschen. Autos nomos, der Mensch ist Gesetz (nomos) seiner selbst (autos). Der Mensch ist also souverän, legt das eigene Gesetz fest, statt es von oben und vom Anderen, von einem transzendenten Gott, zu erhalten.
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Das lange Pontifikat von Karol Wojtyla war eine ununterbrochene Anklage und Kritik an dieser Modernität.
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Joseph Ratzinger, der ja der führende Ideologe von Papst Wojtyla war, verschärft nur dessen Bannfluch gegen die Modernität und gliedert ihn in eine kulturelle und politische Strategie ein, in einen schlagkräftigen Kreuzzug, dessen Ziel der Rückschritt ist.
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Die Regensburger Rede vom 12.September 2006, die einige islamische Regierungen dazu gebracht hat, den Fanatismus der Massen gegen den Papst zu mobilisieren, war in Wirklichkeit eine Einladung zum Monotheismus (den Islam mehr denn je eingeschlossen), um gemeinsam Front gegen die wirkliche Bedrohung der Zivilisation zu machen: gegen den Atheismus und die Gleichgültigkeit, also gegen den Laizismus, der sich anmaßt, Gott aus dem öffentlichen Bereich auszuschließen, in dem Gesetze gemacht werden.
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Ratzinger behandelt selbstverständlich nicht alle monotheistischen Religionen gleich. Der christlichen Religion in seiner ,,römisch-apostolisch-katholischen‘‘ Form behält er das Primat vor, das ihr aus der Fähigkeit erwächst, eine Religion nicht nur des Glaubens, sondern auch des Logos zu sein.
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Aber wenn die Doktrin der römischen Kirche und ihres Papstes eine Wahrheit konstituiert, die nicht nur auf dem Glauben, sondern auch auf der Vernunft aufbaut, so folgt daraus der Anspruch, dass Parlamente und Regierungen keine Gesetze erlassen dürfen, die in Konflikt mit dieser Doktrin stehen - weil das dann Gesetze wären, welche der "Natur des Menschen" widersprechen würden.
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Und gegen die Natur sind nach der katholischen Kirche, wie wir wissen: die Abtreibung, die Empfängnisverhütung (das Kondom eingeschlossen), die Scheidung, die wissenschaftliche Forschung mit Stammzellen, die Homosexualität und natürlich die Euthanasie (das heißt die Entscheidung eines Kranken, der im Endstadium unsagbare Leiden ertragen muss, seine Folter nicht zu verlängern).
Bei all solchen Themen, die durch den wissenschaftlichen Fortschritt in ihrer Zahl noch zunehmen werden, wird Ratzinger nicht müde zu wiederholen, dass ein Parlament und eine Regierung, die Gesetze "gegen die Natur" verabschieden, ipso facto illegitim werden würden, auch wenn sie nach den Regeln der konstitutionellen Demokratie gewählt worden seien.
Die gleiche Haltung hatte Wojtyla auch gegenüber dem polnischen Parlament eingenommen (dem ersten, nach einem halben Jahrhundert, demokratisch gewählten!), als dieses über die Abtreibung beriet.
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Die Strategie wird gerade in Italien deutlich: Das Land wird als schwaches Glied angesehen, wo man diese "Wiedereroberung" als erstes ausprobieren kann, um dann nach Spanien zu wechseln, in der Hoffnung, dass man eines Tages auch in Deutschland tätig werden könnte. Frankreich, wie es sich aktuell gibt, scheint noch zu tief in seiner republikanischen Laizität verwurzelt zu sein, um hier einen kulturellen und politischen Kreuzzug zum Rückschritt zu erwägen.
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