Warschau/Paris (Reuters) - Zum Auftakt der französischen EU-Ratspräsidentschaft wächst die Unsicherheit über die Zukunft des Reformvertrags.
Polens europaskeptischer Präsident Lech Kaczynski erklärte, er werde den Vertrag von Lissabon nicht unterzeichnen. Nach dem Nein der Iren in der Volksabstimmung vom 12. Juni sei ein solcher Schritt "sinnlos", sagte das polnische Staatsoberhaupt der Zeitung "Dziennin" vom Dienstag. Damit hat es Frankreich noch schwerer, den Vertrag zu retten. "Die Situation ist schwierig, und die Herausforderungen häufen sich", sagte der französische Ministerpräsident Francois Fillon in Paris. Dennoch werde die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages in den noch ausstehenden Ländern weitergehen.
Mit dem Vertrag, der die 2005 gescheiterte europäische Verfassung ersetzt, soll die EU nach der größten Erweiterung ihrer Geschichte auf 27 Staaten handlungsfähiger werden. Doch nach dem Scheitern bei der einzigen Volksabstimmungen in der EU in Irland kann der Vertrag nicht wie geplant am 1. Januar 2009 in Kraft treten. Alle 27 EU-Staaten müssen ihn ratifizieren. Das ist in der Mehrheit der Länder auch bereits abgeschlossen.
Doch in Tschechien und Deutschland liegt der Vertrag beim Verfassungsgericht. Die tschechische Regierung besteht ebenso wie Bundespräsident Horst Köhler darauf, den letzten Schritt zur Ratifizierung erst nach dem Richterspruch zu gehen. Auch in Polen kann der Ratifizierungsprozess erst mit der Unterschrift des Präsidenten abgeschlossen werden. Die Abgeordneten in beiden Parlamentskammern stimmten dem Vertrag zu. Kaczynski sagte jetzt, die EU könne auch ohne den Vertrag gut funktionieren.
Polens Ministerpräsident Donald Tusk kritisierte Kaczynski scharf. Der Vertrag sei im Interesse seines Landes. "Eine Situation, wo Polen in der gleichen Lage wäre wie Irland, wäre schwer hinnehmbar und sehr schwierig." Kaczynski werde seine Entscheidung sicher überdenken. Die Vorgängerregierung unter Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw hatte die Verhandlungen über den Vertrag vor einem Jahr mit vielen Forderungen torpediert und am Ende Sonderregeln und Ausnahmen herausgeschlagen. Hinter Kaczynskis erneuten Querschüssen steckt innenpolitisches Kalkül, denn seine Partei ist jetzt in der Opposition.
IREN SOLLEN NOCHMAL ABSTIMMEN
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will Diplomaten zufolge erst am 21. Juli - und nicht wie bisher geplant am 11. Juli - nach Dublin reisen, um mit der irischen Regierung über einen Ausweg zu beraten. Auf dem EU-Gipfel im Juni hatten sich die Staats- und Regierungschefs mindestens bis zum nächsten Gipfel im Oktober Zeit gegeben, eine Lösung zu skizzieren. Ein weiteres Referendum in Irland ist EU-Diplomaten zufolge die einzige Möglichkeit, den Vertrag zu retten - doch das will bisher niemand öffentlich sagen.
Die Iren hätten auch dem geltenden Vertrag von Nizza nach Zusatzerklärungen 2002 erst im zweiten Anlauf zugestimmt, hieß es im Umfeld Sarkozys. "Es muss eine Abstimmung geben, um hier herauszukommen - ob im Parlament oder bei einem Referendum", verlautete aus den Kreisen im Pariser Präsidialamt. Fillon sagte, das Nein der Iren dürfe als Alarmsignal ebenso wenig missachtet werden wie das Scheitern der Verfassung 2005. "Wir haben die Aufgabe, den Europäern, die am Nutzen der EU zweifeln, zu demonstrieren, dass diese nützlicher ist denn je, dass sie unverzichtbarer ist denn je", sagte er.
DRUCKMITTEL OSTERWEITERUNG
Um die zögerlichen Osteuropäer auf Linie zu halten, will Sarkozy laut Diplomaten weiter mit einem Ende der Erweiterung drohen. Schon auf dem EU-Gipfel im Juni hatte er, unterstützt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, angekündigt, ohne Vertrag von Lissabon könnten keine weiteren Länder aufgenommen werden. "Es war ein schwerer Fehler, die EU 2004 vor der Reform ihrer Institutionen zu vergrößern. Die Erweiterung ist gut gegangen, aber wir werden diesen Fehler nicht wiederholen", hieß es im Umfeld des Präsidenten. Polen und Tschechien setzen sich besonders dafür ein, die Balkanländer in die EU zu integrieren.
Die französische Präsidentschaft hat auch ohne neue Krise um die EU-Institutionen bereits ein volles Programm. So will sie bis Ende des Jahres eine Einigung über die Klimaschutzgesetze erzielen, einen Pakt für Einwanderung schmieden, die Modernisierung der EU-Agrarpolitik vorantreiben und die europäische Verteidigungspolitik in Schwung bringen. Am Abend ist eine Eröffnungszeremonie am Triumphbogen in Paris geplant. Anschließend treten Sarkozy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso vor die Presse.
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Sehr Schön! Hoffentlich tritt dieser Scheiß Vertrag nie in Kraft!
Einfach die Meinung der Mehrheit der EU-Bürger zu ignorieren, sogar noch nach einem Volksentscheid ist ein Skandal. Dieser Sturkopf Kaczynski wird nie unterzeichnen. Und die Tschechen vermutlich auch nicht!