Ich kann mich noch gut an die verlotterten und verkommenen 1970er Jahre erinnern. Das war meine Jugendzeit und da lag vieles im Argen
Die Arbeitslosigkeit von einer Million Ende der 1970er Jahre prangerten die neu entstandenen Grünen zu Recht als Skandal an.
Franz Josef Strauß sprach von einem "Sauhaufen" ohnegleichen, den die sozialliberale Regierung damals angerichtet hatte. In diesem Sauhaufen stieg nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern
- bis zu 90 Prozent gingen zu den Wahlen und wählten vor dem Aufkommen der Grünen brav SPD, FDP und die Unionsparteien. Extremisten von rechts und links hatten keine Chance. Die NPD hatte ihre Zeit als "Wahlpartei" hinter sich und mehr oder weniger stalinistische linke Parteien kamen auf höchstens 1 Prozent.
- mit umfangreicher staatlicher Bildungsförderung sowie dem betrieblichen Ausbildungssystem - BAFÖG für Schüler und Studenten - konnten auch Kinder aus einfachen Schichten eine hochwertige Ausbildung erhalten.
- auch als Arbeitsloser ließ es sich leben. So war in meiner Heimatstadt, die zusammen mit Ostfriesland als Arbeitslosenhochburg galt, in der Teestube ein "Experte", der jammerte: "Ich lebe hier und bin ganz gern Arbeitslos. Aber Scheiße, ich bin beim Arbeitsamt in Berlin gemeldet und die da können mir leicht eine Stelle vermitteln." Ja das System war gemein - von Stütze halbwegs über die Runden kommen oder dafür malochen, wo bleibt das Recht auf Faulheit
- zum "Saustall ohnegleichen", den FJS anprangerte, gehörte auch, dass sich die Menschen für Politik interessierten, engagierten und einmischten. Zu Demonstrationen gingen Zehn- manchmal Hunderttausende und krachte und kesselte im Wortsinne. Die RAF habe ich damals als entsetzlichen und mörderischen Spuk empfungen, aber für eine Bewohner der römischen Republik würde vielleicht sogar der von ihr propagierte politische Mord - solange er in Maßen bleibt und zwischen den Kontrahenten Waffengleichheit herrscht - zu einem gesunden Gemeinwesen gehören. FJS war da vielleicht nur sauer auf den Saustall, weil sich viel Engagement auch gegen ihn richtete.
- es gab noch kein Internet, aaaaber in Fernsehen und Zeitschriften wirkte noch eine heute ausgestorbene Spezies: der kritische, investigative Journalist mit eigener Meinung. Der Zeitschrift "Konkret" war die bürgerliche Presse trotzdem nicht konkret genug, aber sie war damals noch links.
- ach ja, Hoimar von Dithfurt zeigte damals im Fernsehen das Modell eines Marsraumschiffes und der Mars schien nach dem Mond der nächste Schritt. Irgendwann dann die Wega - davon, die Probleme auf der Erde zu lösen, hatten die versauten 70er halt keine Ahnung.
Aber 1982/83 nahte die Rettung in Gestalt des Helmut Kohl. Der verkündete in Deutschland die
geistig-moralische Wende
und das Prinzip ist damaligen Presseberichten zufolge so:
Wenn dein Kühlschrank leer ist, gehe nicht etwa einkaufen, sondern behebe das Problem mit dem "Geistig-Moralischen".
Nun meine Frage: war die geistig-moralische Wende ein Erfolg? Hat sie uns vor der in den 1970ern drohenden Dekadenz und dem Niedergang bewahrt? Man denke nur an die eine Million Arbeitslosen, die auf staatlichen Gymnasien rumlungernden Arbeiterkinder, die doch lieber in der Fußgängerzone saufen sollen und das rausgeschmissene Geld für Marsraumschiffe, das im Stealth-Bomber sinnvoller angelegt ist Man denke doch nur am mich armes und drangsaliertes Gör der 1970er, dass in "Perry Rhodan" einen klugen und weisen Regenten der Menschheit sah, wo doch George W. Bush oder Ratzinger diesen Job viel, viel besser machen :rolleyes: Hat auch mich die geistig-moralische Wende aus dem Jammertal in eine lichte Zukunft mit Osama bin Laden, Angela Merkel und dem Jobcenter um die Ecke geführt?