Wie ein Filmprojekt weltweit Panik auslöst
Von Henryk M. Broder
Ein Filmprojekt, das Schlimmstes befürchten lässt: Der holländische Rechtspopulist Wilders will einen Streifen über den Islam drehen - und noch bevor die erste Szene zu sehen ist, versuchen Politiker weltweit, ihn zu verhindern. Andernfalls könne es in vielen Ländern zu Blutvergießen kommen.
In Holland brach daraufhin eine Panik aus, als stünde eine Jahrhundert-Sturmflut bevor. Die holländische Botschafterin in Malaysia warnte, es könnte bei Protesten "Dutzende Tote" geben. Die holländischen Botschafter in islamischen Ländern wurden angewiesen, die Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken und sich von dem Wilders-Film zu distanzieren, während Anti-Terror-Spezialisten daheim bereits Vorkehrungen für den Tag der Ausstrahlung trafen. Dazu gehörten auch Konsultationen mit Vertretern moslemischer Gemeinden, die mäßigend auf ihre Brüder und Schwestern einwirken sollten.
Es trug wenig zur Beruhigung der Lage bei, dass der Großmufti von Syrien, Dr. Ahmad Badr Al-Din Hassoun, in einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg die Holländer auf die Gefahren hinwies, die ihnen und der Welt bevorstünden: "Sollte Wilders in seinem Film einen Koran zerreißen oder verbrennen, bedeutet dies einfach, dass er Kriege und Blutvergießen ankurbelt. Sollte es zu Unruhen, Blutvergießen und Gewalttaten nach der Sendung des Koranfilms kommen, dann wird Wilders verantwortlich sein."
Für diese Worte wurde der syrische Großmufti von den EU-Parlamentariern nicht zurechtgewiesen, sondern als Botschafter des Friedens, der Toleranz und des "interkulturellen Dialogs" gefeiert.
Ähnlich äußerte sich der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans Gert Pöttering. Er forderte die Medien auf, sich selbst einen "Verhaltenskodex" zu geben und nichts zu publizieren, was von Angehörigen der Religionen als "herabwürdigend" empfunden werden könnte. Zugleich warnte er davor, nicht "aufgrund unserer Freiheit einen Beitrag zur Gewalt" zu leisten. Diese klare Appeasement-Formel, mit der sich der oberste EU-Parlamentarier nicht an die Verursacher der Gewalt, sondern an deren Objekte richtete und sie zum Wohlverhalten ermahnte, sei - so schrieb die "FAZ" - ein Ergebnis "vorauseilender Furcht" und klinge "gefährlich nach Selbstzensur".
Denn eigentlich hat der "Provokateur" sein Ziel schon erreicht. Geert Wilders hat die Holländer und die Europäer als Feiglinge vorgeführt, die schon "Wir kapitulieren!" schreien, noch bevor der Kampf begonnen hat. Die sich in Irans innere Angelegenheiten nicht einmischen wollen, aber keinen Protest erheben, wenn sich der Iran in deren innere Angelegenheiten einmischt. Die so tun, als würden sie die Angehörigen aller Religionen vor Beleidigungen und Schmähungen beschützen wollen und dabei übersehen, dass es meist nur die Angehörigen einer Religion sind, die gewalttätig reagieren, wenn ihnen vorgehalten wird, dass sie eine Neigung zur Gewalt haben.
Mehr hätte Wilders auch nicht erreicht, wenn sein Film gezeigt worden wäre.