uf das Ressentiment, das ihnen hier entgegenschlägt, reagieren Deutsche ratlos. Gleichzeitig scheint man die zugewiesene Rolle als Opfer jedoch anzunehmen - darauf weist die hilflose Diskussion der letzten Wochen hin. In einem Land, dessen Bewohner schon tief betroffen sind, sobald man ihnen nachsagt, irgendetwas an ihnen sei „typisch deutsch“, kann nicht erstaunen, dass es kaum jemand vermag, die Invektive „Scheiß-Deutscher“ gelassen an sich abprallen zu lassen.
Für viele Deutsche ist bereits die Titulierung „Deutscher“ eine Kränkung, bevor irgendjemand das betreffende Adjektiv hinzufügt. Die Anrede „Scheiß-Deutscher“ ist nur eine Handvoll Migranten-Salz in eine offene deutsche Wunde. Niemand hat dieses fehlende Selbstwertgefühl triftiger auf den Punkt gebracht als die linke Wochenzeitung „Jungle World“. Aus Anlass des Jahrestags der Beendigung des Zweiten Weltkriegs ließ die Redaktion T-Shirts drucken mit dem Motto „Deutschland, du Opfer“.
Kein gesundes Selbstbewusstsein
Bevor der Deutsche Opfer fremden Hasses werden kann, ist er immer schon Opfer seines Selbsthasses geworden. Seine Nazi-Vergangenheit und neuerdings das wachsende schlechte Gewissen über integrationspolitische Versäumnisse veranlassen manchen, dem Beleidiger im Grunde noch recht zu geben, während dieser ihm auf die Mütze haut.
Diese Haltung führt dann zu eigenartigen Apologie-Bewegungen wie jener, die jugendlichen Täter „mit MH“ könnten gar nicht anders als zuschlagen, weil sie seit Jahr und Tag von deutschen Ex-Nazi-Spießern malträtiert würden.
Das Argument verkennt, dass es diese Täter sind, die sich benehmen, als seien sie von der SA ausgebildet worden. Deutsche wählen sie deshalb als Opfer aus, weil sie diese für verweichlicht halten. Zum Lieblingsopfer wird der Deutsche auch deshalb, weil er kein gesundes Selbstbewusstsein hat. Daher ist er auch nicht in der Lage, eigene Interessen - beispielsweise eine intelligente und schlüssige Integrationspolitik - zu formulieren. Das Resultat ist fehlender Respekt.