Gewaltkieze werden entwaffnet
In Wedding und Neukölln soll das Tragen von Messern komplett verboten werden
Die ersten Waffenkieze werden entwaffnet: Wedding und Neukölln machen den Anfang. Snaps
Berlin - Küchenmesser dabei: festgenommen! Solche Meldungen könnten Berliner bald öfter lesen. Gerade hat der Bundesrat einer Öffnung des Waffengesetzes zugestimmt. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (65, SPD) prüft jetzt die Einführung messerfreier Zonen in Problem-Kiezen. Um die Gewalt-Banden endlich zu entwaffnen! Nur: Darf ein braver Bürger dann noch öffentlich seinen Apfel schälen?
Da haben die Fachleute noch eine harte Nuss zu knacken: Wie kann man das "zugriffsbereite Mitführen aller Hieb- und Stoßwaffen" verbieten, ohne solche absurden Folgen heraufzubeschwören? Klar ist: Niemand will den messertragenden Pilzsammler in die Zelle stecken. Wohl aber Gewalt-Jugendliche und Banden, die längst alle Zustech-Skrupel verloren haben.
Denn: 2006 stieg die Zahl der Jugendgewalt-Delikte mit Messern um erschreckende 30 Prozent! Die Polizei erfasste 766 Fälle. Deshalb geht's bei der Initiative vor allem um Stichwaffen, nicht um Reizgas oder (bereits verbotene) Schlagringe.
Von Senat und Polizei geprüft werden muss auch die Liste der "messerfreien Zonen". Infrage kommen schlimme Gegenden in Neukölln oder Wedding, das Kottbusser Tor oder Plätze vor Discos. Die Öffnungsklausel des Waffengesetzes gibt vor, dass es Orte "besonderer Gewaltkriminalität" sein müssen. An ihnen kann das Tragen sonst völlig legaler Klingen verboten werden.
Innensenator Körting: "Kein Mensch muss mit einem Fahrtenmesser herumlaufen." Oder mit einem Klappmesser am Gürtel. Wenn es nach Körting geht, ist das bald nicht nur in Problem-Kiezen so, sondern in ganz Berlin. Denn: Ein Anlass für die Debatte ums Messerverbot war der Tod von Darius Ekbatani (23) im Juni. Der Student wurde nicht in einem typischen Gewaltkiez niedergestochen - sondern beim Baden am Tegeler See. MOW
Berliner Kurier, 23.09.2007