SS-Offizier: BGH stellt Verfahren ein
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Verfahren gegen den ehemaligen SS-Offizier Friedrich Engel wegen der Erschießung von 59 Häftlingen aus dem Marassi-Gefängnis in Genua im Mai 1944 jetzt eingestellt (Az.: 5 StR 115/03). Die Richter des 5. Strafsenats in Leipzig begründeten ihre Entscheidung am Freitag unter anderem mit dem hohen Alter des inzwischen 95 Jahre alten Angeklagten.
Das Hamburger Landgericht hatte Engel am 5. Juli 2002 wegen 59-fachen grausamen Mordes zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dagegen hatten Verteidigung und Staatsanwaltschaft Revision beim BGH eingelegt. Es ging um die Tötung von 59 italienischen Gefangenen, die im Mai 1944 am Turchino-Pass bei Genua erschossen wurden. In Gruppen mussten sie an einer Grube stehen. Die Erschießung war eine Vergeltung für einen Partisanen-Anschlag auf ein Soldatenkino in Genua, bei dem damals mindestens fünf deutsche Soldaten getötet wurden. Engel war SS-Sturmbannführer und Leiter der Sicherheitspolizei in Genua. "Sie waren der ranghöchste Mann vor Ort, leiteten die Aktion", sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht, Rolf Seedorf, 2002 in der mündlichen Urteilsverkündung.
In seinem Beschluss bestätigt der BGH zwar die Auffassung des Landgerichts, dass Engel für das Massaker während des Zweiten Weltkriegs strafrechtlich verantwortlich gewesen sei. Allerdings hätten die Hamburger Richter den Mordvorwurf gegen Engel nicht ausreichend begründet.
Der BGH hob das Engel-Urteil des Landgerichts auf. Es hätte der Prozess in Hamburg nun neu aufgerollt werden müssen. Dass der BGH das Verfahren gleichwohl einstellte, begründeten die Richter damit, dass der Prozess voraussichtlich nicht mehr rechtskräftig hätte abgeschlossen werden können.
Schließlich bestehe ein "erheblicher weiterer Aufklärungsbedarf", und bei Engel wäre wegen des hohen Alters bald mit einer "beträchtlichen Minderung seiner Verhandlungsfähigkeit" zu rechnen gewesen. Der BGH kritisierte gleichzeitig auch, dass Engel erst seit den 90er-Jahren und damit "unbegreiflich spät" ernstlich strafrechtlich verfolgt worden sei.
Der promovierte Philologe Engel lebte seit Kriegsende unbehelligt in Hamburg. Als Holzkaufmann hatte er früher gearbeitet. 1999 war er von einem Militärgericht in Turin in Abwesenheit zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. neh/AFP
erschienen am 26. Juni 2004 in Hamburg
[Links nur für registrierte Nutzer]