Das Leitmotiv ist die Sorge um das Wohlergehen
des russischen Volkes:
- Die Jahresbotschaft 2007 des russischen Präsidenten -
Der Präsident der Russischen Förderation, Wladimir Wladimirowitsch Putin, trug heute zum letzten mal seine Jahresbotschaft an die [Links nur für registrierte Nutzer]in Moskau vor.
In seinen bisherigen Botschaften war Präsident Putin meist recht frei in der Wahl seiner Themen, die sich zumeist auf aktuelle Ereignisse oder Brennpunkte im In-und Ausland bezogen. Doch die Situation ist im Jahre 2007 eine andere, denn im nächsten Jahr wird ein anderer russischer Präsident seine Botschaft an die Nation und an die Politik vortragen, jedoch betonte der Präsident, daß seine letzte Jahresbotschaft keinesfalls als politisches Testament zu werten sei: "Ich denke, für uns wäre es wohl verfrüht, unsere eigene Tätigkeit hier einzuschätzen. Für mich wäre es genauso verfrüht, ein politisches Vermächtnis zu unterbreiten."
Dennoch kann diese Jahresbotschaft als ein Schlußstrich unter seine Regierungszeit angesehen werden - den er allerdings merklich unaufdringlich zog, denn ein ganzes Jahr wird er noch regieren, bevor sein Nachfolger das Zepter übernehmen kann.
Seine Jahresbotschaft stellt gleichzeitig die Richtlinien für die zukünftige Politik des Landes dar. Präsident Putin hinterläßt der Gesellschaft und der Elite des Landes eine vereinbarte Entwicklungsstrategie für die Nation. Der nächste Präsident wird seine Ideen umsetzen und sich auf den von Putin eingeschlagenen Kurs bewegen - weil dies Volkes Wille und von der Notwendigkeit diktiert ist.
Die zentralen Themen seiner Botschaft:
Die Russische Förderation hat den Produktionsrückgang, der ein trauriges Resultat der chaotischen Jahren der Jelzin-Ära war, größtenteils überwunden, so daß das Land mittlerweile wieder unter den zehn größten Wirtschaftsnationen der Welt rangiert.
Die Realeinkommen der Bevölkerung sind seit dem Jahre 2000 um mehr als hundert Prozent gewachsen, wie der Präsident in seiner Botschaft feststellte. "Durch die Beendigung der Sozial-und Wirtschaftsprobleme ebnen wir den Weg zu einem neuen Leben. Als Folge ändert sich die Situation im Land schrittweise zum Besseren.", äußerte Putin.
Der Staatshaushalt des Landes hat sich in den vergangenen sieben Jahren mehr als versechsfacht. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß im vergangenen Jahr das Gesetz über die Örtliche Selbstverwaltung in Kraft getreten ist. Dazu der Präsident: "Die Kompetenzen und Befugnisse der örtlichen Verwaltungsbehörden wurden wesentlich erweitert, so daß wachsende Einnahmen die Wirtschaftsgrundlage der örtlichen Selbstverwaltung stärken. Das bedeutet nicht, daß sich das förderale Zentrum der Verantwortung für die Lebensqualität in den Regionen entzieht. Wichtig ist, daß das Verwaltungssystem flexibler wird und sich den Menschen zuwendet, und daß immer mehr Entscheidungen vor Ort getroffen werden." Dieser Satz unterstreicht nocheinmal in aller Deutlichkeit, daß die von Wladimir Wladimirowitsch Putin nach den chaotischen Jahren der Jelzin-Ära installierte Vertikale der Macht und ihr beigestellten Gelenkten Demokratie eine Notwendigkeit darstellt, die den schwierigen Ausgangsbedingungen im Jahre 2000 Rechnung trug. Die wirtschaftliche Konsolidierung des Landes rechtfertigen diese Maßnahmen, die im Westen mit diktatorischen Maßnahmen verwechselt werden - wohl mit Absicht.
Heute, als Ergebnis der ökonomischen Erholung, werden diese straffen zentralistischen Mechanismen sukzessive abgebaut, um eine stabile Demokratie in Rußland dauerhaft zu errichten.
Präsident Putin setzte sich in seiner Jahresbotschaft für die Kontinuität der konservativen Finanzpolitik und eine funktionelle Änderung des mittlerweile auf über 330 Milliarden Dollar angewachsenen Stabilisierungsfond ein. "Die aktuellen Wirtschaftsaufgaben erfordern eine Korrektur der Funktion und der Struktur des Stabilisierungsfond, wobei die konservative Finanzpolitik beibehalten werden muß." Mit anderen Worten: der Kreml bleibt knausrig, was den Fond anbelangt, da in der russischen Politik in der Vergangenheit heftige Diskussionen über die Verwendung der Gelder entbrannt sind. Hier ist jetzt wieder eine klare Linie vorgegeben.
Entsprechend der Haushaltsbotschaft, die der Präsident davor hielt, müssen alle Einnahmen aus den Erdöl-und Erdgasexport in drei Teile aufgeteilt werden
Erstens in einen Reservefond, der die russische Wirtschaft im Falle eines Preissturzes für Öl und Gas schützen sowie die makroökonomische Stabilität sichern und im Kampf gegen die Inflation helfen soll. "Das soll die Einkommen der Bevölkerung steigern", betonte der Präsident.
Der zweite Teil der Öl-und Gaseinnahmen soll für die Finanzierung von wichtigen Sozialprogrammen verwendet werden.
Und der dritte Teil der Einnahmen solle im "Fonds der kommenden Generationen" angelegt werden und der Erhöhung der Lebensqualität dienen, wie Wladimir Wladimirowitsch mit Nachdruck betonte.
In seiner Jahresbotschaft stimmte Präsident Putin dem Vorschlag zu, das kommende Jahr in Rußland zum Jahr der Familie zu erklären. Dieser Vorschlag ist im Übrigen eine politische Reaktion auf die in der letzten Jahresbotschaft (2006) Putins geäußerten Probleme zur Demographie. Putin zufolge zeugen die Verringerung der Sterblichkeitsrate und die Zunahme der Geburtenrate von der Richtigkeit der Bemühungen um die Familien. Im Gegensatz zu den "westlichen Demokratien", die ja über ganz ähnliche Probleme in Bezug auf die Geburtenrate verfügen, ist die russische Politik in der Lage, auf die gravierensten Probleme des Landes Antworten zu geben, und diese effektiv und spürbar einer Lösung zuzuführen. Das Ansteigen der Geburtenrate, wenn auch noch zaghaft, ist ein guter Beweis für das Vertrauen der Menschen im Lande auf die Zukunft und auf die Politik.
Viele Probleme gilt es in Rußland noch zu lösen, so der immer noch unzufriedenstellende Zustand der Wohnungssituation. Dazu äußerte der Präsident: "In Rußland muß mindestens ein Quadratmeter Wohnfläche pro Einwohner im Jahr gebaut werden." Gleichzeitig betonte Putin, daß der bestehende Wohnungsbestand in Ordnung zu halten sei.
Verlassen wir das Feld der Ökonomie und widmen uns den gesellschaftspolitischen Themen. Präsident Putin machte auf die besorgniserregende Situation aufmerksam, daß die finanzielle Unterstützung verschiedener russischer Gruppierungen und Organisationen aus dem Bereich der "Opposition" dramatisch ansteigen, was auch nach internationalen Gepflogenheiten eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Russischen Förderation darstellt, denn meist sind an diese Gelder Bedingungen geknüpft, die zugunsten der Geldgeberregierungen ausfallen; denn es sind keinesfalls nur "Spenden" aus dem privaten Bereich, sondern Gelder, die in den Haushaltsposten westlicher Staaten verzeichnet sind: "Nicht allen gefällt die stabile Vorwärtsentwicklung unseres Landes. Es gibt jene, welche die pseudodemokratische Rhetorik geschickt nutzen und die Vergangenheit wiederbeleben möchten, um straflos das nationale Eigentum ausplündern zu können und unser Land der wirtschaftlichen und politischen Selbstständigkeit zu berauben. Der Geldstrom aus dem Ausland, der für die direkte Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten genutzt wird, wächst.", sagte der Präsident vor der Förderalen Versammlung und fuhr fort: "Manche machen nicht einmal vor schmutzigen Methoden Halt, um in unserem multinationalen demokratischen Land nationale und konfessionelle Auseinandersetzungen zu schüren." Putin forderte in diesem Zusammenhang das Parlament mit Nachdruck auf, schnellstens Gesetzesänderungen anzunehmen, welche die Verantwortung für den Extremismus verschärfen.
Für Überraschung dürfte die Ankündigung des Präsidenten sorgen, eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit den USA unter dem Namen "Rußland-USA: Blick in die Zukunft" voranzutreiben. Als Vorsitzende der Gruppe seien der Präsident der russischen Industrie-und Handelskammer, Ex-Premierminister Jewgeni Maximowitsch Primakow, und der ehemalige Außenminister der USA, Henry Kissinger, vorgesehen, teilte Präsident Putin bei einem Treffen mit Primakow und Kissinger in Moskau mit.
Kissinger informierte, daß er darüber schon mit Bush und Condoleeza Rice gesprochen habe. Laut Putin soll das Gremium aus verschiedenen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bestehen. Die erste Sitzung des Gremiums sei für Ende Juni/Anfang August geplant.
Damit signalisiert Moskau gegenüber Washington großes Entgegenkommen, und das Angesichts der momentanen Spannungen ob des Raketenabwehrsystems. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern ist momentan denkbar schlecht. Putin ist bereit, das zu ändern.
Zum Schluß noch ein paar Worte zur Belarussisch-Russischen Integration. Dazu sagte der russische Präsident: "Russland ist für alle Formen und Modelle der Integration offen. Es kommt auf die Bereitschaft unserer weißrussischen Freunde an", kommentierte Putin die Russisch-Weißrussische Staatenunion. "Wir drängen niemanden zur Eile. Wir sind bereit, mit unseren Partnern aufrichtig über Probleme zu beraten. Wir halten an dem Kurs auf eine allseitige Entwicklung unserer Beziehungen mit Weißrussland in lebenswichtigen Bereichen wie Wirtschaft, Verkehr, Sozialschutz, Gesundheit und humanitäre Zusammenarbeit fest. Wr werden das auf eine Weise tun, die den Interessen Russlands und Weißrussland entspricht."
Rußland ist auf Kurs in eine stabile und für die gesamte Nation vorteilhafte Zukunft, wenn die bisherige Politik beibehalten und weiterentwickelt wird - das haben die vergangenen Jahre der Putin´schen Präsidentschaft auf bemerkenswerte Art und Weise unter Beweis gestellt.
Vieles gilt es noch voranzubringen. Technologischer Rückstand, hoher Energieverbrauch, niedrige Arbeitsproduktivität, Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, eine schwach entwickelte Infrastruktur sind Themen, denen sich die russische Politik in Zukunft noch stärker hinwenden muß - das sei in aller offenheit erwähnt, denn der Wahrheit muß schonungslos Rechnung getragen werden. Auch im Bereich der Korruption und der Ineffiziens des Behördenapparates muß noch stärker Aufmerksamkeit gewidmet werden, da diese Bereiche noch beträchtliche Reserven des Wirtschaftswachstumes beinhalten.
Putins Jahresbotschaft ist vor allem von einem offenkundigen Leitmotiv durchdrungen, nämlich der aufrichtigen Sorge um das Wohlergehen des russischen Volkes. Und diese Sorge ist es, die Putin und dessen Politik nicht nur glaubwürdig machen, sondern auch Vertrauen produzieren.
Rußland kann stolz sein auf das Erreichte, jedoch ist dies kein Anlaß, die Hände selbstzufrieden in den Schoß zu legen. Ich denke, der Präsident hat genau das mit seiner Jahresbotschaft zum Ausdruck gebracht.
"Ich wollte mein Vaterland verteidigen."
Quellen: RIA-Nowosti, russland aktuell, Reuters, Euro-News