An einem Tag an drei verschiedenen Orten in Leipzig der ganze Wallenstein!
Der 50. Jahrestag der Wiedereröffnung des Schauspielhauses an der Bosestraße gibt Anlass, quer durch die ganze Stadt ein Fest des Theaters zu zelebrieren. Beginnend in der Baumwollspinnerei in Plagwitz, macht der Theatermarathon Station auf der Schauspielhausbühne und endet in nächtlicher Atmosphäre am Völkerschlachtdenkmal. [Links nur für registrierte Nutzer]
An und für sich ein löbliches Vorhaben, wenn, ja wenn da nicht der Zwang wäre, deutsche Kultur bis zur Unendlichkeit zu entstellen: Ein Teil der Schillerschen Verse werden von jungen Laiendarstellern "gerappt".
Eine ungehörige kulturelle Barbarei. Schillers Worte zu rappen wäre in etwa so, als würde man den Figuren auf den Michelangelo-Fresken in der Sixtinischen Kapell ein paar schicke Sonnenbrillen oder ähnliche neumodische Atribute auf den Leib pinseln.
Denn schnell und spurlos geht des Mimen Kunst,
Die wunderbare, an dem Sinn vorüber,
Wenn das Gebild des Meißels, der Gesang
Des Dichters nach Jahrtausenden noch leben.
Hier stirbt der Zauber mit dem Künstler ab,
Und wie der Klang verhallet in dem Ohr,
Verrauscht des Augenblicks geschwinde Schöpfung,
Und ihren Ruhm bewahrt kein daurend Werk.
Schwer ist die Kunst, vergänglich ist ihr Preis,
Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze,
Drum muß er geizen mit der Gegenwart,
Den Augenblick, der sein ist, ganz erfüllen,
Muß seiner Mitwelt mächtig sich versichern,
Und im Gefühl der Würdigsten und Besten
Ein lebend Denkmal sich erbaun - So nimmt er
Sich seines Namens Ewigkeit voraus,
Denn wer den Besten seiner Zeit genug
Getan, der hat gelebt für alle Zeiten.
Aus dem Prolog zu Schillers WALLENSTEIN
Es scheint, als wolle man Schillers Spuren tilgen, indem man seine Werke Menschen überantwortet, die sich des künstlerischen Gehalts, die sich der inhaltlichen Aussage und die sich der gehaltvollen Ausdruckskraft mit keiner Faser ihres leidvoll geduldeten Kadavers bewußt sind.
Schillers Verse rappen - die Weimarer Klassik ist endgültig tot. Dreifach verflucht sei diese Gesellschaft.