Dienstag, 20. Februar 2007
Bis zu 70 Prozent
Rassismus in der EU nimmt zu
In mehreren europäischen Staaten haben Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im vergangenen Jahr nach EU-Angaben stark zugenommen. EU-Justizkommissar Franco Frattini sagte am Dienstag in Berlin, nach einem noch unveröffentlichten Bericht der zuständigen EU-Behörde gebe es einen Anstieg von bis zu 70 Prozent in einem Staat, den er jedoch nicht nennen wollte. "In vielen Mitgliedstaaten lag der Anstieg zwischen 25 und 45 Prozent", sagte Frattini. Als betroffene Länder nannte Frattini Frankreich, Italien, Belgien und die Niederlande. Der Bericht der Wiener Rassismus-Beobachter, der am 1. März veröffentlicht werden solle, beziehe sich auf konkrete fremdenfeindliche und rassistische Taten.
Frattini und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärten, die Zahlen machten deutlich, dass die EU sich schnell auf den geplanten Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Europäischen Union verständigen sollte. Dieser zielt auf gemeinsame Mindeststandards gegen die Verbreitung von Hass, gegen die Aufstachelung zur Gewalt und gegen die Leugnung von Völkermord und Holocaust. "Ich bin optimistisch, dass der Beschluss noch unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft gefasst werden kann", sagte Zypries. Frattini bekräftigte die Unterstützung der EU-Kommission für die Initiative.
Umstrittener Beschluss
Der bereits seit Jahren geplante Beschluss ist innerhalb der EU umstritten. Dabei geht es um die Frage, wie ein striktes Vorgehen gegen Rassismus und Holocaust-Leugnung mit der Meinungsfreiheit abgewogen werden soll. Zypries betonte, es bliebe den einzelnen Staaten freigestellt, über die geplanten Mindeststandards hinaus zu gehen. So werde es in Deutschland weiter verboten bleiben, das Hakenkreuz öffentlich zu zeigen. In der EU gebe es dafür aber keine Mehrheit. Frattini sprach sich für neue Initiativen aus, um Schüler und Studenten zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Holocaust zu ermuntern.
Frattini und Zypries sprachen sich ebenfalls dafür aus, gemeinsame Verfahrensregelungen bei Strafverfahren aufzustellen. Dabei geht es darum, dass Betroffene im Ausland schnell über die Vorwürfe informiert, einen Dolmetscher und einen Rechtsbeistand gestellt bekommen. Frattini sagte, grundsätzlich seien solche Schutzrechte in der EU unstrittig. Ihre Umsetzung sei wegen der sehr unterschiedlichen Rechtssysteme aber schwierig.