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Thema: Das Ende einer Epoche

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  1. #37
    Preuße aus Vernunft Benutzerbild von Stechlin
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    Standard Das Ende einer Epoche

    Die Welt horcht auf-
    Putin spricht das aus, was der Rest der Welt denkt

    Keine diplomatische Rücksicht zu nehmen - so kündigte Wladimir Wladimirowitsch Putin seine mit Spannung erwartete Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz an. Und er hielt Wort - von diplomatischer Zurückhaltung oder gar verquaster Scheinformulierungen keine Spur; der Präsident redete Tacheles. Und das, was er sagte, ließ so manchen das Blut in den Adern gerinnen.

    Verständlich, daß der Westen not amused darüber ist, daß ihm endlich mal jemand den Spiegel vors Gesicht hält. Erstaunlich ist die Sprachlosigkeit des Westens nach dieser in die Geschichtsbücher eingehenden Rede des russischen Präsidenten. Zwar wußten alle die Worte Putins mit gespielter Lässigkeit, als wären sie mitnichten beeindruckt gewesen, zurückzuweisen, aber inhaltlich ist niemand auf diese Rede eingegangen - stets ein sicheres Zeichen dafür, daß man argumentativ diesen Worten nichts entgegenzusetzen hat.

    Was hat er denn gesagt, der Präsident?

    "Es gibt nicht weniger, sondern viel mehr Kriege seit dem Ende des Kalten Krieges."
    Man muß kein Mathegenie sein, um diese Aussage als richtig zu werten.

    "Der Versuch der USA und des Westens, eine unipolare Weltordnung zu schaffen, hat mit Demokratie nichts zu tun, sondern zielt darauf ab, dem Rest der Welt seinen Willen gewaltsam aufzuzwingen."Nun, das ist sicherlich eine Frage der ideologischen Interpretation, dennoch zeigt uns gerade das Beispiel Lateinamerikas, daß die Völker die Nase gestrichen voll haben von der Machtdominanz der USA außerhalb ihrer Grenzen, von der Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten, von den ökonomischen Erpressungen und den militärischen Drohungen. Und nicht nur Lateinamerika stemmt sich gegen das Imperium, auch die afrikanischen Staaten haben Eurasien, mit Rußland und China an der Spitze, als geschätzten Partner auf vielen Ebenen kennen gelernt. Wenn dies nicht so wäre, hätten die USA heutzutage eine ganz andere Reputation auf dieser Welt. Isofern kann das, was Putin geäußert hat, so falsch nicht sein - zumindest ein selbstkritisches Nachdenken hätte man von den NATO-Vertretern der Sicherheitskonferenz erwarten können.

    "Uns wird dauernd Demokratie gepredigt, aber diejenigen, die das tun, wollen es selber nicht lernen."
    Nun, ist es nicht so? Wie würden die USA und der Westen Staaten einschätzen, die ein weltweites Netz illegaler Foltergefängnisse installieren? Wie würden sie Staaten einschätzen, die ihre Bürger flächendeckend überwachen, ihre Bürgerrechte massiv beschneiden, die Menschen in Gefängnisse steckt, weil sie Terrorgefahren dingfest machen wollen, ja, wie würden sie reagieren, wenn sie Terroristen straffreiheit gewähren?

    "Die Politik des Westens, die immer öfter ungezügelt auf Gewalt setzt, hat zu einer gefährlichen Lage in der Welt geführt: Das Monopol der Vereinten Nationen (UN) für die Legitimierung von Gewalt wird ausgehöhlt. Niemand fühlt sich mehr sicher, weil sich niemand mehr hinter internationalem Recht verstecken kann."
    Nun, der Jugoslawienkrieg, der Afghanistan-und Irakfeldzug unterstreichen diese Aussage Putins auf erschreckende Art und Weise. Mehr ist dem nicht hinzuzufügen.

    Putin nannte die amerikanischen Pläne für die Errichtung eines Raketenabwehr-Schildes und die Stationierung von Waffen im Weltall eine ebenso große Gefahr für den Frieden wie seinerzeit die Entwicklung der ersten Atomwaffen. Russland könne diese Bedrohung nicht ignorieren. "Wir haben Waffen, die dieses System überwinden können."
    Ein Widerspruch? Nein, ernste Besorgnisse über ein neues Wettrüsten. Eine andere Interpretation des Gesagten ist unzulässig. Warum sollte der russische Präsident seine Besorgnis über ein neues Wettrüsten äußern, wenn Rußland über Waffensysteme verfügt, welche sämtlichen Raketenabwehrschirme zu überwinden in der Lage sind? Eigentlich eine recht komfortable Situation, aber Putin weiß eben auch, daß in einer atomaren Auseinandersetzung derjenige als zweites stirbt, der als erster angreift und umgekehrt. Bush und der Westen haben das anscheinend noch nicht kapiert. Deshalb sind Putin Worte nicht nur zu begrüßen, sondern auch ernst zu nehmen.

    Den USA warf Putin vor, allen anderen Staaten sein Rechtssystem aufzwingen zu wollen und selbst vor dem Bruch des Völkerrechts nicht zurückzuschrecken. "Dies wirkt als Katalysator für Wettrrüsten und treibt die Bestrebungen zum Besitz von Massenvernichtungswaffen voran", sagte er. "Wir sind an einer Schwelle angelangt, wo man sich Sorgen über die globale Sicherheitsarchitektur machen muss."
    Siehe Iran, siehe die KDVR. Wer ernsthaft die Tatsache abstreitet, daß sich diese Länder und noch viele andere auf dem Globus von den USA tatsächlich bedroht fühlen, der kann schwerlich zwischen Ursache und Wirkung unterscheiden, bzw. verwechselt beides stets. Während man sich mit der KDVR an einen Tisch setzt von Seiten der USA, verweigert man dem Iran das gleiche Recht obwohl der Iran nachgewiesener Maßen noch über keinerlei Kernwaffen verfügt - im Gegensatz zur KDVR. Wer kann in diesem Lichte am Wahrheitsgehalt der Worte Putins zweifeln?

    Auch die EU-Staaten griff Putin an: Während in diesen Ländern gegen die Todesstrafe selbst gegen Mörder polemisiert werde, seien sie bereit, "jederzeit zu bombardieren und zu schießen", auch wenn dabei Tausende Unschuldige ums Leben kämen.
    Hier wurde wohl noch einmal der völkerrechtswidrige Jugoslawienkrieg zur Sprache gebracht. Daß die "saubere" EU dies nicht hinnehmen wird, ergibt sich allein schon aus der Tatsache, daß sich die Herren dieser Institution gerne selbst stets als Saubermänner ausgeben. Doch das an ihren Händen klebende serbische Blut kann über ihren kriminellen Charakter nicht hinwegtäuschen. Gut, daß der russische Präsident dies so ungeschminkt zur Sprache brachte.


    Daß vor allem von westlichen Politikern eine neue Runde des Kalten Krieges prophezeit wird, läßt auf die absolute Unfähigkeit für Selbstkritik schließen, was meist mit Arroganz und Kurzsichtigkeit einhergeht. Am Beispiel der sozialistischen Staaten Europas kann ein jeder erkennen, wohin Realitätsverweigerung führen wird. Spätestens, wenn China Deutschland als Exportweltmeister überholt, werden sich vielleicht einige der Worte Putins erinnern.

    Aber die Rede Putins war mitnichten eine "Kriegserklärung" gegen den Westen:

    Der Sprecher Putins, Dmitri Peskow, betonte im Gespräch mit Reuters, die Rede des Präsidenten solle zeigen, dass das Land aufgrund seiner gewachsenen Rolle auf der Weltbühne Anspruch auf Mitsprache erhebe. "Wir wollen die UN stärken." Die Rede sei zwar ein Alarmruf gewesen, sie markiere aber nicht eine neue Eiszeit: "Es geht nicht um Konfrontation, sondern um Sorge". Dies werde Putin Merkel bei ihrem Treffen am Mittag versichern.

    Mit der gestrigen Rede des russischen Präsidenten vor der Münchener Sicherheitskonferenz ging eine Epoche zu Ende und eine neue begann. Zu Ende ging die Epoche der sogenannten Nachwendezeit. 17 Jahre sind ja auch genug. In diesen 17 Jahren konnte eine Verlotterung der internationalen Sitten beobachtet werden, wie wir sie seit 62 Jahren in Europa nicht mehr hatten. Doch mit der Hinnahme dieser Friedensbedrohung ist nun Schluß - ein historisches Ereignis. Da täuschen auch alle betretenden Gesichter westlicher Politiler nicht hinweg, die jetzt versuchen werden, diese Rede herunterzuspielen.

    Die ARD-Tagesthemen brachten gestern Abend in ihrem Kommentar die Realitäten auf den Punkt:

    MOSKAU IST ZURÜCK!


    Zitat-Quelle: [Links nur für registrierte Nutzer]
    Geändert von Stechlin (11.02.2007 um 14:29 Uhr)
    "Wir sind nicht in die Welt gekommen, um glücklich zu sein,
    sondern um unsere Pflicht zu tun."

    Otto von Bismarck. Schmied des Deutschen Reiches

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