Zitat von
Der Gelehrte
Unter diesem Titel bringt die Wirtschaftswoche diemal ihren Aufmacher.
Gestern hatte ich in einer Auseinandersetzung mit einem User, der sich einer bersonders drastischen Wortwahl, voll von Fäkalausdrücken, befleißigte, an diesen den Hinweis gerichtet, er möge sich darüber im klaren sein, daß das Internet nichts vergißt, keine Äußerung, gar nichts. Der Beitrag wurde vom Moderator wtf mittlerweile gelöscht, trotzdem halte ich dieses Thema für eminent wichtig, weil es unsere Bürgerrechte zutiefst berührt. Auch dann, wenn es sehr wahrscheinlich hier im Forum auf geringe Resonanz stoßen dürfte.
Denn der vorgebliche Schutz durch "Anonymität" vermittels Nicknamen, Anonymizern etc ist beim Bewegen im Internet mehr als löchrig geworden. Wer es darauf anlegt, kommt an Klarnamen und noch einer Meng Daten mehr. Hat vor 20 Jahren das Ansinnen der Bundesregierung, im Rahmen der Volkszählung eine Reihe persönlicher Angaben abzufragen, noch benahe zu einem Volksaufstand geführt, so stehen heute vor allem die unter 30jährigen der Bedrohung durch vielfältige Datenkraken völlig indifferent gegenüber - es interessiert die Leute schlicht nicht die Bohne. Bestenfalls kommt der lahme Spruch "ich hab doch nichts zu verbergen" - und dann laden sie Daten über Daten ins Internet, erstellen Profile über sich selbst, die beiden derzeit so beliebten Studi-Netzwerken schon mal 50 Positionen umfassen können.
Damit wie auch den Angaben zu Freunden, gemeinsamen Feiern, den dazugehörigen Fotos entstehen nahezu lückenlose Lebensprotokolle, die nur noch mit den Daten der Kontobewegungen und Telefonbenutzung vervollständigt werden müssen - fertig ist der gläserne Mensch.
Personalberater durchforsten mittlerweile systematisch Web 2.0 Anwendungen nach Infos über Bewerber. Diese Datenauswertungen gibt es auch schon für Kreditwürdigkeit, Mietverträge etc. Und diese Strukturen laufen unbemerkt im Hintergrund - kaum mehr angreifbar oder kontrollierbar. Der Mietvertrag kommt ohne Begründung nicht zustande, der Kredit hat plötzlich 2% mehr Zinsen als beim Nachbarn, der Job ist schon weg usw.
Von kriminellen Strukturen erst gar nicht zureden - die bedienen sich auch bei den gefälschten eBay-Accounts, Mobilfunkverträgen usw. aus den privaten Daten.
Wir haben es heute mit einer einmaligen Situation zu tun: hat bisher der Mensch immer auf den Schutz seines Privatlebens geachtet, so wirft er sich heute mit Schwung und Wonne selbst den kommerziellsten Datensammlern in die klebrigen Arme.
Für Mißbrauch jeder Art - ob von staatlicher oder krimineller Seite - sind herrliche Zeiten angebrochen.