PAPST UND MUSLIME
Warum Kritik am Islam Gewaltreflexe auslöst
Immer wieder fordern westliche Politiker zum Respekt vor den Gefühlen der Muslime auf. Doch die Ereignisse nach der Papst-Rede zeigen, dass es sich in Wahrheit um Religionsdiktatur handelt. Kritische Positionen wollen die Muslime nicht gelten lassen.
Von Hans-Peter Raddatz
Wir müssen mehr Respekt vor dem Islam haben" ist im Westen zum geflügelten Wort geworden. Die Formel ertönt immer dann, wenn, wie es heißt, "die Gefühle der Muslime verletzt" worden seien, das heißt, wenn Kritik am Islam dessen Gewaltreflexe auslöst. Radikale Muslimgruppen pflegen inzwischen einen Islam der Straße, der das Wohlwollen vieler Regierungen und eine aggressive Presse hinter sich hat. Zeigen die Ereignisse nach der Papst-Rede nicht wie im Brennglas, dass die "Gefühle" der Muslime nichts anderes als eine moderne Form der Religionsdiktatur sind? Über den Hebel des "Respekts" wird das westliche Verhalten nachhaltig beeinflusst.
Wie der Meißel des Bildhauers aus dem Steinblock eine Figur nach seiner Vorstellung haut, so können die Richtlinien der muslimischen Drohungen die westliche Identität, Demokratie und Rechtsstaat, zu einem Weltbild formen, das sich allmählich islamisch korrigiert. Hier stehen die moderne Autonomie des Denkens, Bildung und Wissenschaft auf dem Spiel. Sie sollen ihrer Fähigkeit beraubt werden, alternative Vorstellungen in einem offenen Diskurs zu diskutieren. Verräterisch ist dabei die Floskel der "Provokation", die der muslimischen Masse das Recht suggeriert, westliche Kritik mit Drohung und Gewalt zu ersticken.
Im Zentrum des Problems steht eine gänzlich andere Vernunft. Seit dem hohen Mittelalter, seit dem Sieg der Orthodoxie, gilt das Gesetz Allahs als höchste Instanz. Im Gegensatz zu den Institutionen des säkularen Westens erfasst es die gesamte Person des Muslim und den gesamten islamischen Staat. Wie im christlichen Mittelalter nur Mensch war, wer zur Kirche gehörte, so ist noch heute im orthodoxen Islam nur Mensch, wer zum Islam gehört. In diesem totalitären Sinne können strenggläubige Muslime als geistige Klone verstanden werden, die nur ihre Wirklichkeit kennen. Solcherart Indoktrinierte haben keine Alternative zur Aggression, wenn sie mit Kritik konfrontiert werden.
Indem die Regierenden Europas ihre Bevölkerungen zu "Respekt" vor den "Gefühlen" der Muslime auffordern, setzen sie das eigene Weltbild dem muslimischen Deutungsdiktat aus. So bahnt sich geradezu eine Integration in den Islam mittels des sogenannten Dialoges an. Auf EU-Parlamentsebene betreibt man erstklassige Lobbyarbeit, die den Islam als "Teil des westlichen Wertesystems" vermarktet. Mit Begriffen wie "Frieden", "Toleranz", "Befruchtung" etc. treten Eurokraten und "Islamreferenten" in den EU-Ländern wie Ersatzmissionare auf. Wann immer Gewalt aufkommt, ist es aus ihrer Sicht nicht "der Islam", sondern eine diffuse Kraft, die den Islam "missbraucht".
[...]