Folterexperten: Die geheimen Methoden der CIA
(tsch) Die erschütternden Bilder aus dem Abu-Ghraib-Gefängnis, die 2004 in die internationalen Medien kamen, vergisst keiner mehr so schnell. All zu lange wurden der Öffentlichkeit die wackeligen Aufnahmen von den geschundenen, nackten Insassen vor Augen geführt. Dennoch hat der Fernsehjournalist und Buchautor Egmont R. Koch die pixeligen Handycam-Bilder noch einmal aus dem Archiv geholt, und er stieß bei seinen Recherchen sogar auf weitere, noch schockierendere Videoclips, ebenfalls aufgenommen von amerikanischen Soldaten. Diese harten, in ihrer realistischen Wucht kaum zu ertragenden Sequenzen bilden nun den suggestiven Kern einer aufwühlenden Dokumentation.
Kochs Film "Folterexperten - Die geheimen Methoden der CIA" erzählt eine ganz neue Geschichte zu Abu Ghraib und Guantánamo Bay: Der Autor hinterfragt, ob es sich wirklich um, wie die US-Regierung versicherte, Einzelfälle, um individuelles Fehlverhalten handelte, oder ob nicht Methode im großen Stil hinter dem Foltern steckt.
"Das ist nicht die Art und Weise, wie wir in Amerika handeln!" Soweit der Kommentar von George W. Bush im O-Ton. Egmont R. Koch stellt in seinem aufwendig und bissig recherchierten Beitrag dieser Aussage nun einiges entgegen. Freilich wirft er Fragen auf, die so groß sind, als dass sie in einem solchen Beitrag niemals zu beantworten sind. Aber immerhin wirft er sie auf. Und die von ihm zusammengetragenen Fakten lassen einige Schlüsse zu.
Bei den Dreharbeiten stieß Koch nicht nur auf neue Schock-Clips, sondern auch auf ein
geheimes Handbuch der CIA, das 1963, nach systematischen wissenschaftlichen Forschungen unter anderem südamerikanischen Militärdiktaturen zur Verfügung gestellt wurde. Grub die CIA das Handbuch im Rahmen des Krieges gegen den Terror wieder aus, um es den Verhörtrupps in Guantánamo und Abu Ghraib zur Verfügung zu stellen?
Egmont R. Kochs Film deckt in der Tat unübersehbare Parallelen auf zwischen den Verhörtechniken, die in den 50er-Jahren bei der
"Folterforschung" der CIA entwickelt wurden, und den Misshandlungen von Abu Ghraib: Gefangene, die stundenlang stehen mussten, Insassen, die von Hunden gebissen wurden, Temperaturschocks durch kaltes Wasser, dazu die sogenannten "weichen Techniken": Nacktheit, genannt "Schamfolter". Als eine Art Kronzeuge für die (in quälender Zeitlupe) in den Film geschnittenen Folterbilder kommt im Film der Deutsche Murat Kurnaz zu Wort, der von Januar 2002 bis August 2006 auf der US-amerikanischen Militärbasis Guantánamo Bay festgehalten wurde, und nun sagt, was er dort sah.
Das ist nicht alles, was diesen 45-minütigen Film aus der Masse der Storys über den "Krieg gegen den Terror" heraushebt. Denn Deutschland spielt über die Statements Kurnaz' hinaus eine weitere Rolle: Koch fand heraus,
dass einige Techniken von der CIA Anfang der 50er- Jahre unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen in einer Villa in Kronberg bei Frankfurt erprobt worden seien. Auch das "Folterhaus" im Taunus spürte Egmont R. Koch auf, und er stieß dabei auf eine neue Spur, die ihn noch weiter zurück in die Geschichte führt: ins Konzentrationslager Dachau. Die gefundenen Hinweise (unter anderem Folter-Zeichnungen der SS-Schergen) werfen eine neue Frage auf: Lernte die CIA ihre Foltertechniken von den KZ-Ärzten?