Israel einigt sich mit Hisbollah

Bundesregierung vermittelt Gefangenenaustausch / Auch Deutscher kommt frei

Unter deutscher Vermittlung haben sich Israel und die libanesische Hisbollah in Geheimverhandlungen auf einen Gefangenenaustausch geeinigt, der am Donnerstag über München abgewickelt werden soll.

Jerusalem · 25. Januar · Beide Seiten bestätigten am Sonntag, dass im Gegenzug für vier gekidnappte Israelis, darunter drei vermutlich tote Soldaten, mehr als 400 palästinensische sowie weitere dreißig Häftlinge freikommen sollen, darunter der deutsche Hisbollah-Gehilfe Steven Smyrek. Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums sollen die vier Israelis am Donnerstag aus Libanon an einen Ort nahe München gebracht werden.

Der Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, Ernst Uhrlau, der maßgeblich am Zustandekommen des Abkommens beteiligt war, sprach in Berlin von einem Durchbruch, den nicht zuletzt Iran mit ermöglicht habe. Die Regierung in Teheran habe auf die Hisbollah erheblichen Druck ausgeübt.

Die Übereinkunft sieht zwei Phasen vor. In der ersten verpflichtet sich die Hisbollah, drei im Herbst 2000 verschleppte israelische Soldaten oder deren sterbliche Überreste herauszugeben sowie den gekidnappten Geschäftsmann Elhanan Tennenbaum freizulassen. Israel muss gleichzeitig 400 palästinensische, 23 libanesische sowie ein Dutzend Gefangene aus anderen arabischen Ländern freilassen.

Dazu zählt der zum Islam konvertierte Steven Smyrek, der Ende 1997 bei der Einreise nach Israel verhaftet und später zu zehn Jahren verurteilt wurde, weil er im Auftrag der Hisbollah potenzielle Anschlagsziele habe ausspionieren wollen. Der 32-Jährige kommt laut Uhrlau aber als freier Mann nach Deutschland, zumal einige der Vorwürfe vor Gericht keinen Bestand hatten.


Suche nach Ron Arad

In einer zweiten Phase sollen multilaterale Komitees das Schicksal des seit 1986 verschollenen israelischen Flugnavigators Ron Arad und das von vier seit 1982 vermissten iranischen Diplomaten aufklären. Als Preis für Informationen im Fall Arad sollen erneut arabische Häftlinge freikommen, darunter der libanesische Terrorist Samir Kuntar. Er verbüßt in Israel eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Israels Premier Ariel Scharon nannte am Sonntag die offenbar bereits am Donnerstag getroffene Entscheidung für den Austausch "korrekt, moralisch und verantwortbar", auch wenn sie zu den schwersten seiner Amtszeit zähle. Der Staat handele im Einklang mit der Maxime, "unsere Söhne nach Hause zu bringen". Das Kabinett hatte bereits im November im Prinzip einem solchen Abkommen zugestimmt. Nur im Fall Smyrek und eines weiteren Häftlings - beider Namen standen bislang nicht auf der Liste - war ein neuer Kabinettsbeschluss nötig.

In Beirut erklärte Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah, dass bald keine libanesischen Gefangenen mehr in Israel einsitzen würden. Auch werde "jede positive Entwicklung im Fall Ron Arad" den Weg für weitere Freilassungen von Palästinensern öffnen.

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