Venezuela kommt in den letzten Monaten vergleichsweise häufig in den hiesigen Medien vor. Meistens geht es um Demonstrationen gegen die "autoritäre Regierung des Präsidenten Chavez". Die Opposition, sprich die politischen Kräfte, die in vergangenen Jahren wegen ihrer maßlosen Korruptheit jeden Kredit bei der Bevölkerung verloren und den triumphalen Aufstieg von Chavez ermöglicht hatten, hat zwar internationale Verbindungen und eine gute Presse, aber keine politischen Alternative. Chavez übt sich zwar in progessiver Rhetorik, hat aber weder politisch noch ökonomisch Fortschrittliches geleistet. [...]
Die venezolanische Gesellschaft ist polarisiert. Für Unternehmer, den konservativen Gewerkschaftsbund CTV, die traditionellen Parteien und die Medien ist Chávez ein Diktator, für die Armen und Teile der Linken eine Chance für einen Neuanfang, zumindest das kleinere Übel verglichen mit seinen Vorgängern. Doch es herrscht kein Bürgerkrieg, keine Stimmung für einen Putsch. [...]
Trotz seines überwältigenden Wahlsieges (66 Prozent) vor drei Jahren steht Chávez mit dem Rücken an der Wand. Meinungsumfragen zufolge sind nur noch 19 Prozent der Bevölkerung auf seiner Seite. Die Opposition aus Presse, Unternehmern und US-Botschaft hat ihn in die Defensive gedrängt. Und er selbst hat alles getan, um sich zu isolieren und Verbündete zu verprellen.
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Alle strategischen Posten wurden mit Militärs besetzt, Minister, Geheimdienste, Staatsbetriebe, Botschafter, Gouverneure. Und die bedienen sich, wie seit je her, aus allen Töpfen. Dabei hatte Chávez seinem Wahlvolk eine Kampfansage an die Korruption versprochen. Heute, drei Jahre später, sitzt nicht ein einziger Verdächtiger im Gefängnis. [...]
Viele verprellte Weggefährten
Für Leute, die es gut meinen mit Chávez, ist es schwierig, an seiner Seite zu bleiben. Er nimmt keine Ratschläge entgegen, hört nicht zu, umgibt sich mit Opportunisten, geben seine Freunde hinter vorgehaltener Hand zu. "Er ist Militär und hat einen Dickschädel", erklären sie. Chávez spaltet nicht den Feind sondern vereint ihn gegen sich. Statt zu überzeugen, fordert er Gehorsam.
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