Der Mittagskommentar im WDR :
Politiker machen mobil gegen hohe Benzinpreise. Ausgerechnet!
Zur Sache von Hubert Maessen
Zur Preispolitik der Mineralölkonzerne vor den Ostertagen gibt es wütende Reaktionen aus der Politik.
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee von der SPD hat Autofahrer aufgefordert, sich gegen die "Preistreiberei" der Mineralölkonzerne zu wehren. Die Kunden sollten "sich das Abkassieren an der Zapfsäule nicht gefallen lassen".
Er habe "kein Verständnis dafür, daß die Mineralölkonzerne jedes Jahr zur Osterzeit die Autofahrer abkassieren", sagte Tiefensee, und er könne verstehen, wenn die Bürger darüber "stocksauer" seien.
Schweiner-Ei oder Schweinerei
? So kurz vor Ostern kann man sich da leicht verhören und vergucken. Nein, Schweinerei, die jüngste Anhebung der Benzinpreise, die sei eine Schweinerei, das hat der parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, der SPD-Abgeordnete Müller gesagt, der diesen Kraftausdruck immer wieder gerne benutzt, wenn es darum geht, von der Politik und ihrer Verantwortung abzulenken. Die Politiker, auch der Bundesverkehrsminister, sollten beim Thema Benzinpreis aber mal ganz schnell den Finger von der Hupe nehmen und in den Spiegel gucken. Da sehen sie nämlich die unverschämtesten Preistreiber. Alle Regierungen, Rot und Grün und Schwarz und Gelb, haben vollkommen ungeniert die Zapfsäulen zu Zweigstellen des Finanzamtes gemacht. Zwei Drittel des Benzinpreises kassieren nämlich nicht die bösen Konzerne, sondern der Staat, zwei Drittel, rund 85 Cent bei jedem Liter Benzin, das muss man sich mal klarmachen. Rot und Grün haben den teuren Sprit ja geradezu gewünscht und propagiert und durch zusätzliche Ökosteuer erst recht zum Luxusgut gemacht. Mit voller Absicht.
Es ist also schon eine Heuchelei der Superklasse, wenn mitverantwortliche Politiker bei einer Erhöhung von 4 Cent "Haltet den Dieb" rufen und das Volk gegen die räuberischen Mineralölkonzerne mobil machen wollen. Und man kann nur staunen, dass sie sich nicht genieren, wie die Fahranfänger durch die Marktwirtschaft zu schleudern, nur um Stimmung zu machen. Der Verkehrsminister hat kein Verständnis für die Preiserhöhung zu Ostern, der Staatssekretär sagt, das sei "ein eingespielter Mechanismus. Der kommt zum Jahresende, der kommt zu Ostern, und der kommt zur Ferienzeit." Ja und? Schon mal was von Angebot und Nachfrage gehört? Und schon mal was von Preisbildung und Betriebswirtschaft mitgekriegt?
Man könnte vor Schreck eine Vollbremsung machen. Denn es ist wirklich ebenso jämmerlich wie dreist, wenn Regierungsmitglieder die Autofahrer auf 100 bringen wollen, nur um auf kochender Wut ihr dünnes politisches Süppchen zu rühren. Die Mineralölkonzerne, die nur halb soviel vom Benzinpreis bekommen wie der zulangende Staat, die tun doch wenigstens was für ihr Geld. Die suchen Ölquellen und erschließen sie, die fördern Tag und Nacht Öl und bringen es durch Pipelines und mit Tankern dahin, wo es gebraucht wird, die betreiben Raffinerien und Tankstellen und müssen sich dafür vor die Karre treten lassen, auch von Leuten, die es besser wissen müssten und die wirklichen Abzocker sind.
Ja, es ist ärgerlich, dass Benzin teuer ist und vielleicht noch teurer wird. Wir müssen sparsam damit umgehen, auf der ganzen Welt. Aber wir haben es nicht nötig, uns von Politikern mit faulen Eiern veräppeln zu lassen. Auch nicht, wenn Ostern ist.
Achja: Der Bundesverkehrsminister hat gesagt, die Autofahrer sollten "sich das Abkassieren an der Zapfsäule nicht gefallen lassen". Da sollte er sich mal besser in Sicherheit bringen.
Es ist doch hier kaum noch etwas hinzu zu fügen.
Der Kommentator spricht wohl allen Deutschen voll aus der Seele.