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Wo bleibt das Eiserne Kreuz am Sportdress?
Verteidigungsminister Franz-Josef Jung kann sich selbst auf die Schulter klopfen. Von insgesamt 29 bei der Winterolympiade in Turin von Deutschen gewonnenen Medaillen sind 19 dieser Auszeichnungen Soldaten beziehungsweise Soldatinnen der Bundeswehr zu verdanken. Von elfmal Gold sogar neun!
Zum Beispiel ist der Biathlet und dreifache Goldmedaillengewinner Michael Greis Oberfeldwebel, das «Goldmädel» im Rodeln-Einzeln, Sylke Otto, ebenfalls. Und den siegenden Viererbob der Männer fuhren Hauptfeldwebel André Lange, Oberfeldwebel René Hoppe, Stabsgefreiter Kevin Kuske und Gefreiter Martin Putze! Mithin ein kompletter Bundeswehrschlitten ging in Turin an den Start.
Dass der Soldatenstatus dieser Männer und Frauen in der Öffentlichkeit weitgehendst unbekannt blieb, liegt zum Teil an den Sportlern selbst. Schon der ehemalige Verteidigungsminister Peter Struck monierte vor Jahr und Tag: «Die können auf dem Siegertreppchen ruhig deutlich machen, wer ihr Arbeitgeber ist.» Fragt sich nur wie: Mit dem Eisernen Kreuz am Sportdress?
Franz-Josef Jung erwägt, seinen Siegern einen Empfang in Berlin zu bereiten und jeden Medaillengewinner eventuell mit einer Beförderung zu belohnen - vorausgesetzt, die Laufbahnbestimmungen lassen das zu. Da kann es Schwierigkeiten mit den Paragraphenreitern im Ministerium geben.
Es sei denn, Jung macht es wie weiland Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD). Der begrüßte 1977 nach der Befreiung einer Lufthansamaschine im afrikanischen Mogadischu durch die Bundesgrenzschutz-Antiterroreinheit «GSG 9» deren Kommandeur, Ulrich Wegener, bei der Heimkehr mit «Herr Oberst Wegener...!». Auf dessen diskreten Hinweis, «Herr Bundeskanzler, ich bin nur Oberstleutnant», konterte Schmidt: «Dann sind Sie ab jetzt Oberst!»
Wegener gestern lachend am Telefon: «Dabei gab es zunächst keine Planstelle als Oberst für mich. Die wurde dann aber prompt geschaffen.»
Schmidt war es übrigens, der in seiner vorhergehenden Zeit als Verteidigungsminister (1969-72) «Sportlehrkompanien» und «Sportfördergruppen» in der Bundeswehr einführte. Heute gibt es davon 25 - von Eckernförde bis Mittenwald, von Köln bis Frankfurt/Oder - insgesamt mit einem Jahresetat von 26,7 Millionen Euro ausgestattet. Die Sporteinheiten liegen jeweils in der Nähe von Olympia-Stützpunkten und Leistungszentren des Deutschen Sportbundes.
In der Regel sind es die zivilen Spitzensportverbände, welche der Bundeswehr empfehlen, bestimmte Topsportler zu gewinnen und in besagten Sportfördergruppen ideale Trainingsmöglichkeiten anzubieten. Die Kandidaten müssen bereits sportlichen Spitzenkadern angehören und sich als Zeitsoldaten auf mindestens zwei Jahre verpflichten - mit der Möglichkeit, jeweils ein Jahr zu verlängern oder sogar als Berufssoldaten bis zum 55. Lebensjahr zu bleiben. Zur Zeit gibt es 744 geförderte Sportsoldaten in 79 Disziplinen.
Um eine achtwöchige Grundausbildung kommen sie nicht herum. Dann aber wird trainiert, trainiert, trainiert. 70 Prozent der Dienstzeit entfällt auf Sport, 30 Prozent auf militärische Weiterbildung, darunter Abkommandierungen zu Laufbahnlehrgängen.
Die Sportförderung steht aber nur Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgraden offen. Begründung: Ausbildung und Dienstpflichten eines Offiziers ließen keine Zeit für Leistungssport zu.
Dennoch gibt es einen Spitzensport treibenden Offizier, mit dem sich die Bundeswehr gerne schmückt: den 30jährigen Hauptmann der Heeresflieger Ingo Schultz, Vizewelt- und Europameister über 400 Meter. Allerdings: Er war bereits als Student ein sportliches Ass und betrieb weiter Spitzensport, als er die Offizierslaufbahn einschlug.
Weil der Dämlichkeit bei Behörden keine Grenzen gesetzt sind, teilte ihm die Bundeswehr eines Tages mit, es sei nicht vorgesehen, dass Offiziere Leistungssport betrieben und drohte, ihm alle Sonderfreiheiten zum Trainieren zu entziehen!
Erst durch eine Intervention der SPD-Bundestagsabgeordneten und Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletikverbandes, Dagmar Freitag, beim damaligen Verteidigungsminister Rudolf Scharping wurde er weiter für Leistungssport freigestellt, aber nicht in eine der Sportfördergruppen eingegliedert.
Zurzeit trainiert er auf eigene Faust in Leverkusen, will bei der kommenden Europameisterschaft in Göteborg seinen Titel verteidigen, macht nebenbei Dienst beim Streitkräfteamt in Köln und schreibt als bereits diplomierter Ingenieur an seiner Doktorarbeit zum Thema «Organische Transistoren auf polymerischer Basis».
auszug netzzeitung.de
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Allerorten hört man: Keine Soldaten für Einsätze verfügbar.
Soldatsein ist Nebensache - Sport die Hauptsache.
Jeder mag sich über Sinn- und Unsinn der sog. Sportsoldaten eine Meinung bilden.
Dies ist natürlich in vielen Armeen der Welt so.
Ich halte es für Stuss. Wer Berufssportler sein will - mag es ausserhalb staatlicher Organe tun. Von Kosten des Siegerblechs mal ganz abgesehen.
Eure Meinung dazu .