Selbstverschuldeter Gas- und Ölmangel befeuern jetzt den wirtschaftlichen Großbrand
Die Wundertüte ist leer. Ende. Aus. Amen.
Die Pipeline an deren Anfang die Erzeugung und an deren Ende der Konsum stehen, ist außer Funktion. Was wir sehen und noch nicht vollends begreifen, ist das Phänomen der sich selbst verstärkenden Rückkopplung in einem von Zauberlehrlingen nicht verstandenen und zur Optimierung zweitrangiger Parameter absichtlich falsch verschalteten System.
Die Frage, ob dieses System noch zu retten ist, kann momentan nicht mit letzter Gewissheit beanwortet werden.
Einerseits gibt es da noch jene „alten weißen Männer“, die wüssten, wie mit einigen beherzten Eingriffen die vollständige Implosion vermieden werden könnte, andererseits sind die Zauberlehrlinge trotz aller erkennbaren Fehlfunktionen und Schadensereignisse überzeugt, dass das von ihnen modifizierte System – nach gewissen unvermeidlichen Reibungsverlusten während des Transformationsprozesses – schöner, besser und zufriedenstellender funktionieren werde als je zuvor.
Die alten weißen Männer sind der Auseinandersetzung jedoch längst müde geworden. Nicht wenige von ihnen freuen sich schon auf den Augenblick, in dem sie, angesichts der vollständigen Zerstörung, für sich reklamieren können, recht behalten zu haben. Ob die Zauberlehrlinge überhaupt auf die Idee kommen werden, einen der alten Meister zu rufen, ist ebenfalls höchst fragwürdig.
Der Glaube daran, dass die Veränderung eines Parameters, nämlich die Verteuerung der Energie, sich ausschließlich dämpfend auf den Energieverbrauch auswirken werde, während alles andere unverändert bleibt, ist ein grotesker Irrglaube.
Der Glaube daran, dass die Verteuerung der Energie durch die Herstellung von Knappheit noch verstärkt wird, so dass der Energieverbrauch noch weiter zurückgeht, während immer noch alles andere unverändert bleibt, ist gleich ein doppelter (Wumms!) Irrglaube.
Die Verteuerung von Energie löst zwar Spareffekte aus, aber eben nicht nur bei der Energie.
Sowohl die Wirtschaft als auch die Konsumenten sind durch die Verteuerung der Energie zu problematischen Entscheidungen gezwungen, die teils nur reine Budget-Umschichtungen darstellen, teils aber weit darüber hinausreichende Folgen haben.
Beim Bäcker treffen diese Entscheidungen sichtbar aufeinander. Die Backwarenkäufer beschließen, statt der Produkte des Handwerksbäckers die deutlich billigeren Produkte der Industriebäckereien im Supermarkt zu kaufen. Der Bäcker müsste wegen seiner Gasrechnung (Mehl ist übrigens auch teurer geworden) eigentlich die Preise erhöhen, er sieht aber, dass sein Umsatz sowieso schon rückläufig ist und zieht die Konsequenzen. Er macht dicht.
Bei anderen Produkten ist der Effekt nicht so augenfällig.
Doch: Wer auch immer in diesem unseren Lande etwas produziert, ob Toilettenpapier oder Limonade, ob CNC-Maschinen oder Lastkraftwagen: Die Energiepreisverteuerung erhöht die Kosten, drückt auf den Gewinn oder führt gar zu Verlusten. Es müsste also teurer verkauft werden.
Aber: Wer auch immer in diesem unseren Lande konsumiert, ob der Transferleistungsempfänger oder sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, ob der Physiotherapeut oder der Manager im Großunternehmen: Die Energiepreisverteuerung schmälert sein für den Lebensunterhalt verfügbares Budget, und wo die Einkommen und die Ansprüche hoch sind, ist zumindest die Sparleistung eingeschränkt.
Die Folge, in der gesamten Breite der Volkswirtschaft: Markträumung ist bei notwendigerweise steigenden Preisen und zugleich schwindender Kaufkraft nicht mehr möglich.
Nicht absetzbare Überproduktion führt jedoch zu Kapazitätsanpassungen, was nahezu in jedem Fall dazu führt, dass Arbeitskräfte freigestellt werden. Das führt zum Anstieg der Arbeitslosigkeit und zu einer weiteren Minderung der Kaufkraft, weil Arbeitslose eben nicht mehr über ihr gewohntes Gehalt verfügen können.
Teile der Wirtschaft versuchen, dem Chaos durch Produktionsverlagerung zu entgehen. Sie legen ihre Produktion in Deutschland still und bauen sie in den USA oder in Ungarn, halt da, wo die Energie nach wie vor preiswert und nicht knapp ist, wieder auf.
Ob sie die in den neuen ausländischen Fabriken erzeugten Waren aber in Deutschland wieder absetzen können, ist fraglich. Schließlich haben sie mit der Verlagerung die Arbeitslosigkeit weiter angeheizt, die Kaufkraft noch weiter reduziert als sie schon durch die Energiekosten reduziert wurde, so dass zumindest angenommen werden kann, dass sie, wenn sie schon weiter in Deutschland verkaufen, dann doch nur geringere Stückzahlen absetzen können. Es sei denn, der Kostenunterschied ist so groß, dass sie weiter in Deutschland produzierende Konkurrenz vom Markt verdrängen können. Die Folge sind weitere Geschäftsaufgaben und Insolvenzen sowie ein Anstieg der Arbeitslosigkeit.