Alles Schrott, wo nur Forschungsgelder gestohlen werden, das ist lange bekannt.

Eine Studie beispielsweise – veröffentlicht 2011 in «Nature Medicine» – ergab, dass eine bestimmte mRNA bei Labormäusen die Ausbreitung von Prostatakrebs gebremst hatte. Als ein anderes Forscherteam die Experimente wiederholte, passierte: Nichts. Keinerlei Effekt auf den Krebs. Reiner Betrug




Die Krebsforschung ist in Erklärungsnot

Martina Frei / 21.05.2022 Viele Befunde sind nicht replizierbar. «Wir haben in der Biomedizin ein grosses Problem», sagt ein Wissenschaftler. (Teil 1)

Wissenschaftszeitschriften wie «Nature», «Cell» oder «Science» stehen hoch im Kurs. Wer dort eine Studie veröffentlichen kann, hat bessere Chancen, in der Wissenschaft Karriere zu machen.

In einem zwei Millionen US-Dollar teuren und acht Jahre dauernden Projekt haben Forscher versucht, massgebliche Experimente aus der Krebsgrundlagenforschung, die in «Nature», «Cell», «Science» und weiteren angesehenen Wissenschaftsmagazinen beschrieben wurden, so exakt wie möglich zu wiederholen und die Ergebnisse zu bestätigen.

Doch nur 54 von 112 Resultate fielen bei der Wiederholung durch die die Wissenschaftler um Timothy Errington vom «Centre for Open Science» ungefähr so aus wie im Originalversuch. Die Mehrheit der überprüften Experimente liess sich nicht bestätigen. Oder aber das Resultat unterschied sich deutlich von dem des Originalexperiments: Der Effekt fiel bei der Wiederholung im Durchschnitt 85 Prozent kleiner aus.

Kein Effekt auf den Krebs

«Das waren alles tolle Arbeiten, und die Wissenschaftler haben versucht, die Schlüsselbefunde zu reproduzieren. Diese Studie hat bestätigt, was zuvor nur behauptet wurde. Das Resultat kommt leider nicht überraschend», sagt Ulrich Dirnagl, der Gründungsdirektor des «Centre for Responsible Research QUEST» in Berlin. Dirnagl befasst sich dort seit Jahren mit der mangelnden Reproduzierbarkeit vieler Studien und was dagegen unternommen werde könnte.

Eine Studie beispielsweise – veröffentlicht 2011 in «Nature Medicine» – ergab, dass eine bestimmte mRNA bei Labormäusen die Ausbreitung von Prostatakrebs gebremst hatte. Als ein anderes Forscherteam die Experimente wiederholte, passierte: Nichts. Keinerlei Effekt auf den Krebs.

«Wenn ein Ergebnis nicht reproduziert werden kann, dann ist es keine verwertbare Evidenz. Wissenschaftliche Ergebnisse können nur akzeptiert werden, wenn sie reproduzierbar sind. Und da haben wir in der Biomedizin offensichtlich ein grosses Problem», sagt Dirnagl. Er spricht von einer «Reproduzierbarkeitskrise». [Links nur für registrierte Nutzer]