Der Spiegel / 12.12.2013
Treffen in Moskau
Russland bewilligt Ukraine massive Finanzhilfen
Billigeres Gas und Investitionen in Staatsanleihen: Russland unterstützt die vom Bankrott bedrohte Ukraine mit Finanzhilfen im großen Stil. Entsprechende Vereinbarungen verkündeten die Präsidenten Putin und Janukowitsch nach einem Treffen in Moskau.
Moskau - Russland hat Kiew massive Finanzhilfen zugesichert. Das sagte Kreml-Chef Wladimir Putin Agenturen zufolge am Dienstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch in Moskau. Konkret geht es um folgende Maßnahmen:
Russland investiert 15 Milliarden Dollar
(10,9 Milliarden Euro) in ukrainische Staatsanleihen. Außerdem kündigte Putin einen Abschlag von etwa einem Drittel auf den Preis für Gaslieferungen an. Kiew zahlt demnach an den Staatskonzern Gazprom ab Januar 2014 nur noch 268,50 Dollar (etwa 195 Euro) pro 1000 Kubikmeter Gas und damit erheblich weniger als der Westen. Bisher lag der Preis bei 430 Dollar.
Zudem soll nach drei Jahren Unterbrechung die Wiederaufnahme russischer Öllieferungen an eine Raffinerie im ukrainischen Odessa vorgesehen sein, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters in Berufung auf Händlerkreise. Über einen Beitritt der Ukraine zu einer Zollunion vom Pazifik bis zu den Grenzen der EU, wie sie Russlands Präsident vorschwebt, wurde nach seinen Angaben nicht gesprochen.
Die Vereinbarung sei "mit keinen Bedingungen verbunden, weder mit der Erhöhung, Senkung oder dem Einfrieren sozialer Standards, Renten, Transferleistungen oder Ausgaben", versicherte Putin. Janukowitsch dankte seinem Kollegen. "Ohne den politischen Willen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wäre diese fruchtbare Arbeit, wäre die heutige Vereinbarung unmöglich gewesen", sagte er. Janukowitsch sprach von "konstruktiven und substantiellen" Verhandlungen.
Die
finanziell angeschlagene Ukraine hatte im November unerwartet angekündigt, ein seit Jahren vorbereitetes Assoziierungsabkommen und einen Freihandelsvertrag mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Diese Abkehr verkündete Präsident Janukowitsch, nachdem die Regierung in Moskau offenbar massiven Druck ausgeübt hatte. Janukowitsch löste damit anhaltende innenpolitische Proteste aus - und eine Diskussion der EU über ihr Verhältnis zu Russland.
In Kiew demonstrieren seit bald vier Wochen täglich Tausende gegen eine engere Partnerschaft mit Russland und für eine Annäherung an die EU, allein am Sonntag versammelten sich wieder Hunderttausende. Die Vertreter der politischen Opposition, darunter Boxweltmeister
Vitali Klitschko, forderten die Freilassung aller politischen Häftlinge, darunter
Ex-Premierministerin Julija Timoschenko. Sie hatte vor einigen Tagen in einem schriftlich geführten Interview vor weiteren Annäherungen an Russland gewarnt. Das sei der
"Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit".
Für den Dienstagabend wurden weitere Proteste in der ukrainischen Hauptstadt erwartet. Etwa 30 Abgeordnete auch von Klitschkos Partei Udar (Schlag) blockierten aus Protest gegen die Regierung das Parlament. Die Sitzung wurde daraufhin nach wenigen Minuten abgebrochen.
Außenminister
Frank-Walter Steinmeier (SPD) kritisierte in seiner Antrittsrede sowohl Russland als auch die EU für ihren Umgang mit der Ukraine.
"Es ist skandalös, wie Russland die wirtschaftliche Notlage der Ukraine ausnutzt, um die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union zu verhindern",
sagte
Steinmeier der Nachrichtenagentur Reuters zufolge.
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