Ganz unmittelbar ist es der Blick in den Spiegel. Meine Tochter ist im Teenager-Alter, da fällt das, finde ich, so ganz besonders auf. Wir stehen oft im Badezimmer nebeneinander. Bei dem Kind schwellt und knospt so alles, was schwellen, knospen und erblühen kann. Bei mir nicht .
Wenn ich mich nicht so direkt mit einem jugendlichen Mädchen vergleiche, bin ich aber eigentlich mit mir und mit meinem Körper zufrieden. Immerhin hat er neues Leben geboren und genährt, das darf man ihm ruhig ansehen, finde ich. Und eigentlich hat er sich ganz gut gehalten.
Ein gewisses Lebensalter bringt auch Erfahrungen, und auch wenn ich mir oft wünsche, ich hätte viele Erfahrungen, vieles Wissen schon in jungen Jahren gehabt, denke ich umgekehrt auch wieder, dass ich mit meiner jetzigen Lebenserfahrung nicht in einen jugendlichen Körper passen würde. Das wäre eine ziemlich langweilige Jugend. Den Blödsinn, den ich damals angestellt habe, bereue ich ja nur zum Teil.
Wenn ich schon bei dem Thema bin - was mir ein bisschen fehlt, auch wenn ich nicht weiß, ob ich heute noch die Nerven/die Kraft dazu hätte, das ist die Intensivität, mit der junge Menschen leben.
Ich zitiere mal aus einem Gedicht:
...Das also ist des Alters Schöne/ dass es die Saiten weicher stimmt/ das es der Lust die grellen Töne/ dem Schmerz den ärgsten Stachel nimmt.... Ganz so kann ich mich in dem Zitat nicht finden, aber ich glaube, dafür bin ich auch noch nicht alt genug. Erstrebenswert scheint es mir nur insofern, dass man vielleicht, wie gesagt, nicht mehr die Power hat, sich der Intensivität zu stellen, mit der junge Menschen leben.
Ich bin nicht neidisch auf ihre Erlebnisse, möchte aber jedem Menschen wirklich ans Herz legen, diese Zeit intensiv zu nutzen.
So, was Audauer und Gesundheit angeht, ist mir natürlich klar, dass ich nicht mehr jung bin. Aber eigentlich merke ich noch keinen wirklichen Unterschied, zumindest nicht im Alltag. Ich bin normalerweise von einer immensen gesundheitlichen Stabilität. Es ist nicht so, dass ich noch nie krank war, aber das ist wirklich die große Ausnahme bei mir.
Mein Alltag ist noch immer von vielen Variablen bestimmt. Ich habe kein festes Schema, nach dem mein Tag abläuft. Es gibt immer Unbekannte, auf die ich mich dann einstellen muss. Eigentlich halte ich das für einen Vorteil, denn ALTERN bedeutet für mich auch, in Regelmäßigkeiten und Abläufe zunehmend einzufahren, Flexibilität zu verlieren, feste Strukturen zu benötigen. Da gibt es bei mir sicher auch einen Unterschied zu früher, aber eigentlich bin ich doch noch sehr variabel, glaube ich zumindest.
Was ich noch erwähnen möchte, und das will ich gar nicht positiv bewerten, sondern einfach als eine Tatsache darstellen: ich glaube, ich bin trotz allem noch sehr stark mit dem behaftet, was man als "Freies-Kind-Ich" bezeichnet hat. Ich starte heute noch Wettrennen mit einem sich nähernden Auto ( natürlich nur über Kurzstrecken.
), balanciere unterwegs über Baumstämme, bin scharf darauf, Geschenkverpackungen zu öffnen, liebe Versteckspiele etc.
Zum Schluss bleibt mir noch anzumerken, dass ich, obwohl ich trotz allem noch immer ein eher naiver, gutgläubiger Mensch bin, einen großen Teil meiner ursprünglichen Naivität abgelegt habe und bestimmten Beteuerungen, Versprechungen etc. inzwischen längst mit absoluter Gleichgültigkeit begegne. Das war mal ganz anders, aber an Vieles, woran ich mal geglaubt habe, glaube ich schon lange nicht mehr.