Unberechtigte Strafanzeige: Welche Rechte haben Beschuldigte?
Jedes Jahr werden in Deutschland hunderttausende Strafverfahren geführt. Immer wieder kommt es dabei vor, dass sich
Strafanzeigen als unbegründet erweisen. Sowohl der Anzeigeerstatter als auch der Beschuldigte stellen sich dann die Frage, welche Rechte und Pflichten bestehen.
1. Schadensersatz und Erstattung der Anwaltskosten
Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren gegen den Beschuldigten ein, wenn kein hinreichender Tatverdacht vorliegt (§ 170 Abs. 2 StGB). Falls trotz unberechtigter Strafanzeige eine Anklage erhoben wurde, wird das Gericht den Angeklagten freisprechen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Beschuldigte oft bereits einen Rechtsanwalt beauftragt. Die gesetzlichen Gebühren für die anwaltliche Vertretung im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung belaufen sich auf mehrere Hundert Euro. Dieses Geld möchten die meisten Beschuldigten vom Anzeigeerstatter ersetzt bekommen. Ein gesetzlicher Anspruch gegen den Anzeigenden auf Erstattung der Anwaltskosten ist in § 469 StPO enthalten.
In dieser Bestimmung heißt es:
„(1) Ist ein, wenn auch nur außergerichtliches Verfahren durch eine
vorsätzlich oder leichtfertig erstattete unwahre Anzeige veranlaßt worden, so hat das Gericht dem Anzeigenden, nachdem er gehört worden ist, die Kosten des Verfahrens und die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. (…)
(2) War noch kein Gericht mit der Sache befaßt, so ergeht die Entscheidung auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig gewesen wäre.“ Voraussetzung für den Anspruch auf Schadensersatz ist also, dass vorsätzlich oder leichtfertig eine unwahre Anzeige erhoben wurde. Unter „leichtfertig“ ist dabei grobe Fahrlässigkeit zu verstehen.
»Daher besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Erstattung der Anwaltsgebühren, wenn der Anzeigeerstatter nur mit leichter Fahrlässigkeit falsche Angaben macht.
Falls der Anzeigende vorsätzlich falsche Tatsachen behauptet, so begeht er eine falsche Verdächtigung. Die Tat wird mit zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bestraft.
In § 164 Abs. 1 StGB bestimmt der Gesetzgeber:
„Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Eine weitere mögliche Straftat ist die
üble Nachrede. Hierfür genügt es bereits, dass über eine Person Tatsachen behauptet werden, die sich weder als richtig noch als falsch beweisen lassen. Die
Höchststrafe beläuft sich auf zwei Jahre Haft. Geregelt ist dies in § 186 StGB:
„Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
2. Gegenanzeige wegen falscher Verdächtigung und übler Nachrede
Bei einer unbegründeten Strafanzeige kann der Beschuldigte daher überlegen, zum „Gegenangriff“ überzugehen. Wegen der beiden genannten Delikte kann er
Strafanzeige und
Strafantrag stellen.
3. Zivilrechtlicher Anspruch auf Unterlassung und Widerruf
Keine Person muss falsche Tatsachenbehauptungen dulden. Vielmehr besteht die Möglichkeit, auch zivilrechtlich gegen den Anzeigeerstatter vorzugehen. Zum einen kann dem Anzeigenden eine außergerichtliche Abmahnung zugeschickt werden. In dieser Abmahnung wird der Anzeigende zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.
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