Teuerung

Plötzlich schlechter als Italien – das bedeutet die heikle Inflationswende



Lange Zeit fühlten sich die Deutschen den Südeuropäern überlegen. Doch nun sind die Lebenshaltungskosten hierzulande stärker gestiegen als irgendwo sonst in Europa. Selbst in Italien sind die Preise inzwischen stabiler. Und die Langzeitanalyse ist erst recht erschreckend.
Es tut sich was in Europa. Aber auf eine Weise, die deutschen Sparern und Verbrauchern kaum gefallen dürfte. Deutschland wird in der Währungsunion zum Teuerland. Keine große Volkswirtschaft in der Euro-Zone verzeichnete im August eine derart heftige Inflation wie die Bundesrepublik. Wenn die Entwicklung anhält, wird Deutschland bald die Preisschübe aufgeholt haben, die andere Länder der Währungsunion bereits hinter sich haben.
Seit Einführung des Euro als Buchgeld Anfang 1999 beträgt die Teuerung hierzulande 41 Prozent, in der gesamten Euro-Zone inklusive Deutschland sind die Preise um 46 Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass sie in vielen Ländern unter dem Strich stärker zulegten als hierzulande, allerdings oft von einem niedrigeren Ausgangsniveau.

In dem Jahrzehnt nach Gründung der gemeinsamen europäischen Währung bewegten sich die Preise in Deutschland zunächst langsamer nach oben als anderswo. Das dreht sich nun um – zum Nachteil der hiesigen Verbraucher.

So sind die Lebenshaltungskosten hierzulande im 20-Jahres-Vergleich schneller gestiegen als im früheren Weichwährungsland Italien, das einst für seine hohen Teuerungsraten berüchtigt war. An Frankreich ist Deutschland bei den Preissteigerungen innerhalb des Euro-Raums bereits 2012 vorbeigezogen.

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„Ein Teil des stärkeren Preisauftriebs in Deutschland erklärt sich aus der CO2-Abgabe, die hierzulande Anfang 2021 eingeführt worden ist“, sagt Carsten Brzeski, Chefökonom Euro-Zone der ING. Nicht nur Kraftstoffe haben sich relativ gesehen verteuert, auch Strom ist in Deutschland sehr teuer.
Nach einer aktuellen Statistik von Eurostat zahlen die privaten Haushalte hierzulande so viel für Elektrizität wie nirgendwo sonst in Europa. Im Schnitt kostete eine Kilowattstunde zuletzt mehr als 30 Cent, in den Niederlanden sind es weniger als 14 Cent, in Frankreich müssen Verbraucher rund 20 Cent berappen. Die hohen Energiekosten in Deutschland sind eine Folge der Energiewende und insofern Folge politischer Entscheidungen.


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