Was macht den Kapitalismus aus ? Was hat er im Laufe seines Bestehens gelernt - wie hat er sich entwickelt und warum glauben die Menschen, daß ihnen mit dem Sozialismus und Kommunismus die gebratenen Tauben ins Maul fliegen müssen.

Der Kapitalismus – schon immer, aber heute mehr dennje – revolutioniert Technik und Technologien, kehrt in derbetrieblichen Organisation das Unterste zuoberst, wälztdie Finanzmärkte um. Die detaillierte Analyse dieser Prozesse ist Teil des Diskurses über Globalisierung. Was abermacht der Kapitalismus aus den Menschen, mit ihren Biographien, ihrer Psyche? Das ist das Thema Ihres jüngstenBuches. Was macht der Kapitalismus aus uns und mit uns?Richard Sennett: Mehr wollen Sie nicht von mir wissen?Nun, der Fordismus, der die Arbeitswelt seit dem 2. Weltkrieg geprägt und für eine gewisse Stabilität gesorgt hat,löst sich auf. Der Begriff Globalisierung betont zu sehrdie Bedeutung der Märkte und vernachlässigt die Veränderungen in der Arbeitsorganisation. In den USA kostetedie Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland nurrund 1,5 Prozent der Arbeitsplätze. Die Flexibilisierungder Arbeitsorganisation und der Arbeitsabläufe ist fürdie Arbeitnehmer wesentlich bedrohlicher als die Veränderungen auf den Märkten. Die Zerstörung der fordistischen Strukturen zerstört auch die Fähigkeiten der Arbeitnehmer, ihr Leben entlang langfristiger Ziele selbstzu organisieren. Statt von Karrieren reden wir heute vonJobs und verstehen darunter eine Aneinanderreihungvon Tätigkeiten ohne inneren Zusammenhang. So entsteht keine Arbeitsbiographie mehr, verliert die Biographie eines Menschen ihre innere Geschlossenheit,Die Kultur desneuen KapitalismusEin recht düsteres Szenario, so scheint eszunächst, entwickelt der New Yorker Soziologe und Theoretiker Richard Sennettin seinem jüngsten Buch1: Flexibilisierungals zentrale Kategorie des neuen Kapitalismus entwertet Arbeit. Die Gesellschaftverliert darüber eine unverzichtbare Integrationsinstanz. Trotzdem: eine transatlantische Ermutigung, über bessere Antworten nachzudenken.10 Mitbestimmung 8/98Titel1 Richard Sennett: „Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus“. Berlin Verlag. 1998. Bekannt wurde der New Yorker Soziologe mitseinem 1985 auf deutsch erschienenen Buch „Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität“.b
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Trotzdem: eine trans- atlantische Ermutigung, über bessere Ant- worten nachzudenken. 10 Mitbestimmung 8/98. Titel. 1 Richard Sennett: „Der flexible Mensch. Die ...