In diesen ganzen Videos habe ich nichts über den informellen Sektor gefunden. Und darum ging es mir doch in meinem Beitrag. Stattdessen wieder nur ein Beispiel der Unwissenheit gleich in der youtube-Beschreibung beim 2. Video zum Thema "Arbeitslosigkeit" in einem Land mit ausgeprägtem informellem Sektor:
"
Since April this year, the unemployment rate among Chinese youths has repeatedly hit new highs reaching an unprecedented 21.3% in June. Millions of university graduates struggle to find decent white-collar jobs in urban areas, gravitating instead towards the food delivery industry."
Man kann doch "Arbeitslosigkeit" nicht so wie in der BRD definieren. Es gibt zumindest hier in Peru auch viele junge Menschen, die gar kein Angestelltenverháltnis
wollen und ebenso auch kein "geregeltes" Selbständigendasein. Die wollen aus verschiedenen Gründen ganz frei und unabhängig arbeiten, wann und wo es ihnen genehm erscheint.
Hier in Peru kann man nicht nur Taxis tageweise mieten (für S/ 50, ~ € 12,50), sondern auch Mototaxis und sicher auch Lastenfahrräder. Hier gibt es eher diese triciclos de carga auf Fahrrad- oder Motorradbasis:
Jeder, der will, kann eben ohne Einschränkungen Geld verdienen. Es reicht ein Schild an der Haustür, an der Fassade oder in einem Fenster, dass man PCs repariert oder Kuchen verkauft oder Bier rund um die Uhr. "Schwarzarbeit in diesem Sinne gibt es nicht, da es eben nicht illegal ist. Ich könnte auch ein Schild "Elektriker und Installateur" aufhängen, ganz legal.
Das kapieren aber eben Viele in Europa nicht. Ich kenne jetzt die USA und Kanada nicht, aber schon 1910, also vor mehr als hundert Jahren, hat die Stadt San Francisco im angeblichen "Land of the Free" den Strassenverkauf von frisch gepressten Fruchtsäften verboten, wenn sie nicht pasteurisiert waren.
Das ist auch schon einer der Gründe, weshalb ich niemals in dieser BRD wohnhaft sein könnte. Wenn mir Gesetze meine Freiheit beschneiden und mich keine hausgemachten Getränke wie Chicha de Jora, oder Säfte von Aguaje usw. in neutralen Plastikflaschen ohne Etikett und Aufschrift kaufen lassen, dann kann ich mir schon vorstellen, in welcher Filterblase die Menschen in diesen "Erbsenzähler-Staaten" mit ihrem immensen Steuer- und Gewerberecht leben. Und aus diesem Denken heraus erwächst dann das Projizieren ohne Wirklichkeitsbezug.
Ich selbst erinnere mich nur noch bruchstückhaft an meine Kindheit, wo es auch in Frankfurt am Main damals noch ambulante Händler gab. Eierverkäufer, die von Haus zu Haus gingen, Leute mit Bauchladen. Milch konnte man noch lose in Alukannen mit Deckel kaufen.
In dieser Welt der informellen Wirtschaft gibt es kaum oder gar keine Quittungen und ähnlichen Papierkram. Das ist eine
natürliche Wirtschaftsordnung. Und ebenso natürlich ist es auch, dass Studienabgänger keine Arbeit finden. Oder wie sollte man das sonst regeln? Per Zulassungsbestimmungen und Fünfjahresplan. Gesetzlichen Verpflichtungen, Quoten?
Und es gibt in allen diesen Ländern eben beide Welten. Die der Konzerne und der Angestellten und die der Familienbetriebe und informellen Händler, die arbeiten, wann sie wollen.
Und darum geht es hier in diesem Strang. Ich selbst gehe ganz selten in einen Supermarkt, ein Einkaufszentren oder auch nur in einen Mini-Markt mit Registrierkasse. Ich fahre mit öffentlichen Verkehrsmitteln aller Art, von denen manche, wie die Sammeltaxis auf fester Strecke, angeblich illegal sein sollen. Ich bin auch 2021 mit solch einem Sammeltaxi aus einer Provinz mit Ausgangssperre wegen Covd-19 nach Lima zurückgefahren, ohne dass die Polizei, die sehr wohl präsent war, mich vorher oder in diesem Sammeltaxi hätte auch nur kontrollieren wollen.
Diese Paranoia mit der Totalüberwachung ist eben ein Produkt der Übergriffigkeit des Staates in diesen Erbsenzähler-Ländern mit ihrer Kontrolle auch bis in die Schichten der Ärmsten hinunter. Es gibt etwa 33 Millionen Einwohner in Peru, und schon letztes Jahr hat das Bezahlssystem yape die 10-Millionen-Nutzer-Marke überschritten. Ein System anderer Banken, PLIN, hatte dazu noch 2 Millionen Nutzer. Damit kann man nur per Handy bezahlen, indem man einen QR-Code einscannt oder sich die Telefonnumer vom Empfänger sagen lässt.
Trotz der hohen Nutzerzahlen ist Bargeld im Alltag immer noch das häufigste Zahlungsmittel. Nur in Restaurants ab Mittelklasse aufwärts und in Supermärkten, Einkaufszentren, grossen Baumärkten usw. überwiegt die Karte. In Europa wäre das vielleicht eine Katastrophe. Aber in Europa zahlen auch private Vermieter Einkommenssteuer. Hier in Peru kenne ich nicht einen Vermieter mehrerer Wohnungen, der für seine Mieteinnahmen Steuern zahlen würde. Das ist eben der Unterschied zu diesen Erbsenzähler-Ländern mit ihren paranoiden Bevölkerungen im Alarm-Modus.