Zitat von
antiseptisch
Dieses Thema lässt mich nicht mehr los, denn hauptberuflich habe ich immer wieder mit verkrusteten Strukturen zu tun, die oftmals nur mit einer Insolvenz, Übernahme oder sonstigen drastischen Mitteln aufgebrochen werden können.
Wie in dem Video gezeigt wird, hat das ganze nicht einfach nur mit Unfähigkeit zu tun, sondern größtenteils mit einer diffusen Angst, alte Prozesse und Verfahrenstechniken loszulassen, weil die Angst vor dem Neuen als größer empfunden wird als die Chancen einer neuen, modernen Lösung.
Ein Zitat aus dem Video: "Beamte sind nicht faul, sie sind nur auf die falsche Art fleißig". Es ist ein Organisationsversagen auf allen Ebenen. Und wenn oben nicht neu organisiert wird, wird sich "oben" auch dagegen wehren, dass "unten" mal kurzen Prozess macht. Die Initiativen und Innovationen des einzelnen Mitarbeiters werden dann im Keim erstickt, weil es so aussieht, als hätte man da einen Quertreiber im Team. Ich sehe mir das schon seit 25 Jahren an. Es ist schier hoffnungslos, wie Verbesserungsvorschläge zerstört werden, allen Initiativen zum Trotz.
Oftmals ist aber auch die Geisteshaltung an sich schon das tiefere Problem. Viele Beamte und ganze Behörden haben eine "Leck-mich-doch"-Arbeitsauffassung. Wer etwas von denen will, hat ein Problem, was er gar nicht hätte, wenn er sich ordentlich verhalten hätte. Das führt dann dazu, dass es fast unmöglich ist, den zuständigen Sachbearbeiter zu erreichen. Oft dreht man sich nur noch im Kreis, weil sich die Beteiligten querstellen, und nur noch auf Abwimmeln gepolt sind. Also schon längst, bevor man an Digitalisierung denken kann, müsste man diese verkrusteten Strukturen erst einmal aufbrechen.
Für mich gilt allgemein: Wenn Deutschland an drittletzter Stelle aller Industrieländer steht, und sogar die Ukraine schon in der Lage ist, die Standard-Verwaltungsvorgänge in nur einer App abzubilden, dann haben wir hier ein gewaltiges, unaufgearbeitetes Organisationsproblem. Früher hätte man sich geschämt, so hoffnungslos rückständig zu sein. Aber Beamte kennen so eine Scham überhaupt nicht. Die kleben an ihren Papierformularen und lächerlichen Verfahrensvorschriften und Durchführungsverordnungen fest. Weil sie der Meinung sind: "Je komplizierter, umso exakter und gerechter". Obrigkeitshörigkeit und Kadavergehorsam tun dann ihr übriges. Allein diese Anordnung "Hier wird das genau so gemacht, wie wir es schon immer gemacht haben" sorgt bei mir immer wieder für Brechreiz. Denn um das Problem zu knacken, müsste man bis in so hohe Etagen vorrücken, dass es bereits politisch wird, und man mit Logik und Vernunft nicht mehr weiterkommt.
Für mich rückt die Digitalisierung in immer weitere Ferne. Eine Lebenswirklichkeit ohne Papier und manuelle Unterschriften werde ich wohl nicht mehr erleben. Die Beamtenbollerkoppmentalität steckt hier seit jeher auch in jeder Putzfrau drin. Die wollen alle so sein, dass sie sich an total veralteten Vorschriften festklammern. Weil das Sicherheit in einer sich wandelnden Welt gibt. Auch der Untergang ist ein Wandel. Und viele gehen nun mal lieber unter, als irgendwelche Vorschriften zu missachten. Die Vorschriften an sich sind niemals Grund für den Untergang. So stranguliert sich das Blödvolk von selbst jeden Tag mehr.
Interessant, dass dieses Video gerade vom ZDF produziert wurde. Leider werden die Rentner, die das sehen, am allerwenigsten in der Lage sein, das Ruder rumzureißen. Die sind ja Haupttreiber des Problems.