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Flaschengeist
Das iranische Regierungssystem funktioniert etwas anders als das Deutsche. Dort werden Regierungsmitglieder vom Parlament bestätigt und diese müssen ans Parlament berichten
Das zweithöchste Amt ist der [Links nur für registrierte Nutzer]. Er ist der Leiter der [Links nur für registrierte Nutzer] und ernennt die Regierungsmitglieder, die jedoch vom [Links nur für registrierte Nutzer] bestätigt werden müssen. Der Präsident leitet die Regierungsarbeit, koordiniert die Entscheidungen der Minister und ist für diese dem Parlament und dem Religionsführer gegenüber verantwortlich.
Synagogen ohne Wachschutz
Sie sind als Minderheit anerkannt, haben einen festen Sitz im Parlament und geniessen Religionsfreiheit. Sie haben eigene Metzgereien, ihre Rabbis führen Hochzeiten durch, und die Gemeinde darf für den Schabbat ihren eigenen Wein herstellen und konsumieren. Und das, obwohl in Iran Alkohol sonst streng verboten ist. «Wir lieben Iran, und wir können hier ein freies Leben leben», sagt Eliyan Musazadeh, die älteste Tochter der Familie Musazadeh. Die 24-Jährige lebt mit ihrer Familie im Zentrum Teherans, sie sind die einzigen Juden im Haus. «Unsere Nachbarn wissen, dass wir Juden sind, aber es gibt keine Probleme. Überhaupt hat die Gesellschaft kein Problem mit uns, weil wir Juden sind.»
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Juden im Iran
Eine so kleine Minderheit könnte sich bedroht fühlen. Doch um Zutritt zu Synagoge und Grabheiligtum zu bekommen, muss man nur eine Klingel drücken, in einer belebten Marktgasse. Anders als in Europa bedürfen jüdische Einrichtungen in Iran keiner Bewachung. Die Teheraner Vertreter der Gemeinde heben das gerade in diesen Tagen hervor. Wenn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu Iran im Streit um den Nuklearvertrag unterstellt, «einen weiteren Holocaust» anzustreben, antworten die Repräsentanten der iranischen Juden mit Patriotismus. «Ich bin stolz darauf, dass sich die sichersten Synagogen der Welt heute in Iran befinden», sagt Siamak Moreh Sedgh; der Arzt leitet ein jüdisches Krankenhaus und vertritt zugleich die etwa 10 000 iranischen Juden im Parlament. Als anerkannte religiöse Minderheit haben sie dort einen festen Sitz.
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"Juden und Muslime respektieren einander"
Israel und Iran gelten offiziell als Todfeinde. Doch in der Islamischen Republik lebt bis heute die zweitgrößte jüdische Gemeinde im Nahen Osten. Für Siamak Morsadegh, Direktor des „Tehran Jewish Committees“, ist das kein Widerspruch.
Wie lebt es sich als Jude in der Islamischen Republik?
Siamak Morsadegh: Viel besser als die meisten Leute denken. Juden sind hier eine anerkannte Minderheit, wir können unsere Religion also frei ausüben. Es gibt mehr als 20 aktive Synagogen allein in Teheran und mehr als fünf koschere Metzgereien. In manchen europäischen Ländern ist das nicht erlaubt, wegen des Tierschutzes. Hier schon. Generell kann man sagen, dass es den Juden hier im Iran immer besser ging als denen in Europa. In der Geschichte unseres Landes gab es nämlich keinen einzigen Tag, an dem alle Iraner die gleiche Religion, die gleiche Rasse oder die gleiche Sprache hatten – das erklärt die große Toleranz. Juden und Muslime respektieren einander, wissen aber auch, dass es Unterschiede gibt. Ehen zwischen Juden und Angehörigen anderer Religionen sind deshalb im Iran sehr selten, die Quote liegt bei weniger als 0,1 Prozent.
Heißt das, dass Juden im Iran zwar am gleichen Ort leben wie andere religiöse Gruppen, aber von ihnen getrennt?
Morsadegh: Im Gegenteil. Wir haben sehr enge wirtschaftliche Beziehungen zu Muslimen, meine engsten Freunde sind Muslime. Das Krankenhaus, in dem ich arbeite, ist ein jüdisches – aber mehr als 95 Prozent unserer Angestellten und unserer Patienten sind Muslime. Es ist dort streng verboten, nach der Religion zu fragen. Denn der wichtigste Vers der Torah, der über unserer Tür geschrieben steht, besagt: 'Behandele andere Menschen wie dich selbst'. Es heißt nicht 'andere Juden', sondern 'andere Menschen'. Dass zeigt, dass wir eine praktische Beziehung zueinander haben und zusammenarbeiten, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Juden haben vor dem iranischen Gesetz aber nicht die gleichen Rechte – zum Beispiel dürfen sie keine Richter sein oder hohe politische Ämter bekleiden. Stört Sie das nicht?
Siamak Morsadegh ist Arzt, Parlamentsabgeordneter und Direktor des "Tehran Jewish Committees"; Foto: DW
"Generell kann man sagen, dass es den Juden hier im Iran immer besser ging als denen in Europa. In der Geschichte unseres Landes gab es nämlich keinen einzigen Tag, an dem alle Iraner die gleiche Religion, die gleiche Rasse oder die gleiche Sprache hatten – das erklärt die große Toleranz", meint Siamak Morsadegh. Er ist Arzt, Parlamentsabgeordneter und Direktor des "Tehran Jewish Committees".
Morsadegh: Natürlich verursacht die Tatsache, dass wir eine religiöse Minderheit sind, einige Probleme. Wegen der Wirtschaftskrise hier im Iran haben viele Menschen Schwierigkeiten, einen Job zu finden – und für Juden gilt das ganz besonders, weil die Gesetze für uns einige Einschränkungen vorsehen. So dürfen wir zum Beispiel nicht als Offiziere in der Armee arbeiten, sondern nur als einfache Soldaten. Wir tun unser Bestes, um das zu ändern. Das ist ein schrittweiser Prozess, der nicht über Nacht geschehen kann, aber wir machen Fortschritte. Einer unserer größten Erfolge der vergangenen Jahre war es, dass jüdische Kinder die öffentliche Schulen besuchen, am Samstag zuhause bleiben dürfen, wenn sie den Sabbat einhalten wollen – und das wollen viele, weil die meisten Juden hier im Iran orthodox sind.
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