Während Steinmeier-Besuch
Griechischer Präsident verlangt Kriegs-Entschädigung
Verklagt Griechenland jetzt Deutschland?
Der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit dem griechischen Präsidenten Prokopis Pavlopoulos
von: P. RONZHEIMER und L. SPYROPOULOU veröffentlicht am 11.10.2018 - 20:24 Uhr
Griechenlands Präsident hat beim Staatsbesuch von Frank-Walter Steinmeier (62) in Athen offiziell Kriegs-Reparationen von Deutschland gefordert!
In einer Rede beim gemeinsamen Abendessen am Donnerstagabend im Präsidentenpalast sagte der griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos (68), dass Griechenland die Forderungen für „rechtlich aktiv“ und „juristisch einklagbar“ halte.
In seiner offiziellen Rede sagte Pavlopoulos weiter: „Diese Forderungen stellen wir nicht einseitig und willkürlich“. Sie seien eingebettet in den Rahmen des internationalen und europäischen Rechts. Dafür seien „internationale Foren“ zuständig. Dort könne jede Seite ihre Positionen vertreten.
Bundespräsident Steinmeier hatte bei seinem Staatsbesuch zuvor um Verzeihung für die Verbrechen während der deutschen Besatzung gebeten. Nach dem Besuch einer KZ-Gedenkstätte sagte Steinmeier, es seien dort unvorstellbare Grausamkeiten im Namen Deutschlands begangen worden.
Während der deutschen Besatzung Griechenlands waren in dem Lager Chaidari bei Athen bis zu 25 000 Menschen interniert. Nach 1941 kam es an vielen Orten des Landes zu Massenerschießungen und anderen Gräueltaten. Allein 60 000 bis 70 000 jüdische Griechen wurden ermordet. „Wir verneigen uns vor den Opfern“, sagte Steinmeier. „Vor allen Dingen bitten wir um Verzeihung hier in Griechenland für das, was geschehen ist.“ Die moralische und politische Schuld Deutschlands dürfe nicht vergessen werden, sagte Steinmeier. Dies gelte ungeachtet unterschiedlicher Rechtspositionen, betonte er mit Bezug auf die Reparationsforderungen.
Forderungssumme: bis zu 376 Milliarden Euro
Über die Reparationsforderungen wird seit langem gestritten. Zuletzt hatte BILD am Mittwoch den bislang geheim gehaltenen Bericht der griechischen Parlaments-Kommission enthüllt. Insgesamt werden dort Forderungen von bis zu 376 Milliarden Euro erhoben!
• 171,4 Milliarden Euro sind die Nettoforderungen Griechenlands bis 2014 und beziehen sich auf Forderungen vor dem Hintergrund von Zerstörungen der griechischen Infrastruktur während des Krieges.
• 10,3 Milliarden Euro Entschädigung für Zwangskredite, die Griechenland während der Besatzung an Deutschland leisten musste.
• 33,8 Milliarden für weitere Verluste von Staats-Ressourcen (Öl, weitere Rohstoffe, Landwirtschaft) von 1940 bis 1944
• 53, 8 Milliarden Euro Entschädigung für
Produktionsverluste in der Industrie während der Besatzung.
• Neben den Forderungen des griechischen Staates werden in dem Bericht erstmals auch individuelle Forderungen erwähnt.
Die Kommission nennt zwei mögliche Varianten. Entweder eine Entschädigung der Angehörigen von 120 000 Menschen, die durch Kriegshandlungen zu Tode oder in Lagern ums Leben kamen. Eine Entschädigung in Höhe von 700 Euro für 15 Jahre, insgesamt 15.1 Milliarden.
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Eine andere Variante für die individuellen Entschädigungen nennt auch alle Zivilisten, die während der Besatzung gestorben sind. Laut Zahlen der Pariser Konferenz von 1946: 558 000 Tote und 880 000 Arbeitsunfähige durch Verletzungen. Entschädigung für 15 Jahre jeweils 700 Euro pro Monat für die Toten und 5 Jahre jeweils 700 Euro pro Monat für Behinderte. Insgesamt 107,2 Milliarden Euro.