Im Jahr 1914, zu Beginn des Krieges, war Italien in ein Militärbündnis (dem 1882 abgeschlossenen "Dreibund")
mit Deutschland und Österreich eingebunden und man erwartete deshalb,
dass sich Italien dem Krieg auf der Seite dieser Bündnispartner (den "Mittelmächten") anschließen würde.
Aber die italienische Regierung zögerte und
formal gesehen war Italien auch nicht gezwungen einzugreifen:
der Vertrag sah vor, dass Italien Österreich militärisch zu Hilfe kommen sollte, wenn dieses von außen angegriffen würde.
Aber das war 1914 nicht der Fall, es war Österreich gewesen, das Serbien angegriffen hatte.
Außerdem war Italien militärisch absolut unvorbereitet und die öffentliche Meinung Italiens war,
im Gegensatz zu der der anderen kriegführenden Staaten, nicht sehr kriegsbegeistert.
Der eigentliche Grund für die abwartende Haltung Italiens war jedoch ein anderer:
Italien erwartete sich von einer Kriegsteilnahme eine angemessene Belohnung.
Nach einem siegreichen Ende des Krieges wollte Italien konkrete Gebietserweiterungen zugesprochen bekommen:
das Trentino im Norden und die Stadt Triest im Nordosten;
beide Regionen waren damals noch ein Teil des Habsburgerreichs.
In Triest gab es eine italienische Bevölkerungsmehrheit und eine schon seit Jahren sehr aktive und starke Bewegung pro-Italien,
im Trentino dagegen war die große Mehrheit der Bevölkerung gegen einen Anschluss an Italien, obwohl auch hier viele Italiener lebten.
Beide Regionen wurden jedenfalls von den italienischen Nationalisten als noch "unerlöste" Teile des italienischen Einigungsprozesses betrachtet
und als Kriegsbeute reklamiert.
Österreich weigerte sich allerdings, diese Bedingung zu akzeptieren und so trat ein Teil der italienischen Regierung
in Geheimverhandlungen mit England und Frankreich (der "Entente"),
um vielleicht an deren Seite zu den erhofften Gebietserweiterungen zu kommen.
In der Zeit von 1914 bis 1915 wurde die Propaganda der "Interventisten", die auf einen Kriegseintritt auf Seiten der Entente drängten,
immer stärker und aggressiver.
Besonders hervor taten sich dabei der Dichter (und Österreich-Hasser) Gabriele D'Annunzio und der damals noch junge Benito Mussolini,
der gerade in jenem Jahr vom internationalistisch gesinnten Sozialisten zum fanatisch-nationalistischen Faschisten mutierte.
Die Mächte der Entente waren natürlich den territorialen Expansionswünschen Italiens von Anfang an weitaus aufgeschlossener als Österreich
und so trat Italien am 23. Mai 1915 an ihrer Seite in den Krieg ein.