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Dann dürfen wir uns auch nicht wundern, wenn wir die Sache so ansehen, dass der Goethe-Ausspruch richtig ist:
Wie einer ist, so ist sein Gott;
Darum ward Gott so oft zu Spott,Es sind oft hervorragende Persönlichkeiten, die dahin gekommen sind, zu sagen: Die Materie ist unser Gott. – Diese durcheinanderwirbelnden Atome, die sich gegenseitig anziehen und abstoßen, sie sollen dasjenige bewirken, was unsere eigene Seele ausmacht. Was ist der materialistische Gottesglaube? Es ist Atheismus! Dieser lässt sich vergleichen mit einer Religionsstufe, die sonst auch in der Welt vorhanden ist, die wir aber nur dann richtig auffinden können, wenn wir die charakteristischen Begriffe aus dem materialistischen neuen Glauben haben.
Toter Stoff und tote Kraft ist es, was der Materialist anbietet und anbetet. Sehen wir zurück in die Zeiten des alten Griechentums, und nehmen wir nicht die tiefen Mysterienreligionen, sondern die Volksreligion der Griechen. Ihre Götter waren menschlich, waren idealisierte Menschen. Gehen wir zurück auf andere Stufen des Daseins, so finden wir da, dass die Menschen Tiere angebetet haben, dass ihnen Pflanzen Sinnbilder des Göttlichen waren. Aber alles dieses waren Wesen, welche Leben in sich hatten. Das waren höhere Stufen als das, was die ganz Wilden hatten, die einem Steinklotz entgegentraten und ihn als belebt anbeteten. Der Steinklotz unterscheidet sich in nichts von dem, was Kraft und Stoff ist. So unglaublich es klingt, die Materialisten stehen auf der Stufe solcher Fetischanbeter.
Sie sagen freilich, sie beten aber Kraft und Stoff gar nicht an. Wenn sie das sagen, dann entgegnen wir ihnen: Sie haben keinen richtigen Begriff davon, was der Fetischanbeter seinem Fetisch gegenüber empfindet. Die Fetischanbeter vermögen noch nicht, sich zu einer höheren Gottesvorstellung emporzuschwingen. Ihre Kultur ermöglicht es ihnen nicht. Es ist für sie eine berechtigte Meinung, ein Bild, das sie sich selbst machen, anzubeten. Dieser Meinung sind ja heute nicht nur die Wilden, sondern auch die Materialisten. Wer aber heute wissenschaftlicher Fetischanbeter ist, sich selbst das Bild von Stoff und Kraft macht und es anbetet, der verschuldet etwas. Er könnte kraft der von uns erreichten Kulturstufe einsehen, wenn er nur wollte, auf welch niedriger Stufe er stehengeblieben ist.Man sagt, es ist ein großes Verdienst Feuerbachs,des Philosophen, dass er einen sogenannten «phantastischen» Gott vertreten hat. Feuerbach hat nämlich im Jahre 1841 ein Buch erscheinen lassen und darin den Standpunkt vertreten, dass wir den Satz: Gott hat den Menschen erschaffen nach seinem Bilde – umdrehen und sagen müssen: Die Menschen haben sich den Gott nach ihrem Ebenbild geschaffen. –
Wir müssen uns klar sein darüber, dass des Menschen Wünsche und Bedürfnisse so sind, dass er gern etwas über sich sieht. So schafft dann seine Phantasie sich ein Ebenbild von sich selbst. Die Götter werden Ebenbilder des Menschen. – Damit soll Feuerbach eine hohe, erhabene Weisheit ausgesprochen haben. Gehen wir aber zurück in die Zeiten des alten Griechentums, zurück zum Ägyptertum und so weiter, immer und immer wieder haben die Menschen die Götter vorgestellt so, wie sie selbst waren. So konnten sie sich auch Stier-und Löwenvorstellungen von Göttern bilden, waren die Menschen in ihren Seelen stierähnlich, dann wurden die Stiere ihre Götter, sie wurden stierähnlich; waren sie löwenähnlich, dann wurden die Löwen und löwenähnliche Bilder ihre Götter. Das ist also keine neue Weisheit. Es ist eine Weisheit, die in unserer Zeit sich nur wieder breitmacht.Der Mensch bildet sich Gedanken; aus der Menschenbrust heraus quellen die Gedanken. Aber was spricht aus der Menschenbrust? Aus ihr spricht Gott selbst – ist der Mensch nur geneigt, diese seine innere Stimme selbstlos zu hören, sie nicht durch seine Interessen und Neigungen des Alltags übertönen zu lassen. Das ist es: zwar ist es Menschenstimme, aber in der Menschenstimme ist Gottes Stimme. Daher ist es nicht zu verwundern, wenn wir in der Menschenstimme verschiedene Aspekte, verschiedene Anschauungen über die urgöttliche Weisheit haben. Eine höhere, eine geistige Bescheidenheit ist dasjenige, was den Theosophen durchdringen muss, wenn er sich diesen Gottesbegriff aneignen will. Vor allen Dingen muss er sich klar sein, dass das Leben ein ewiges Lernen ist, dass er niemals mit einer Meinung abschließt; dass alles in Entwickelung ist. Auch die menschliche Seele ist in Entwickelung. Dann ergibt sich von selbst, dass es tieferstehende und höherstehende Seelen gibt. Dann gibt es auch Seelen, welche noch nicht weit vorgeschritten sind in ihrer Gottesvorstellung, und dann wieder gibt es Seelen, welche längst hinausgeschritten sind über das Gewöhnliche und mit hohen Weltbegriffen auch erhabene Gottesbegriffe sich angeeignet haben.suche: feuerbach und die theosophieWir müssen zugeben, dass unser Gottesbegriff ein kleinlicher ist gegenüber demjenigen, den ein erhabenes Wesen hat. Wir müssen auch zugeben, dass unser heutiger Gottesbegriff ein kleinlicher sein wird gegenüber demjenigen, welchen sich die Menschheit in Jahrmillionen machen wird, wenn sie sich weiterentwickelt haben wird. Deshalb müssen wir den Gottesbegriff in eine unendliche Perspektive rücken, ihn als ein lebendiges Leben in uns tragen. Dass wir uns dem nähern, dass wir uns dahin bemühen müssen, das unterscheidet den theosophischen Gottesbegriff von allen anderen.