Das Bundeskriminalamt (BKA) verdächtigt insgesamt 230 sogenannte russisch-eurasische Anbieter von Pflegediensten, die Sozialkassen um mehrere Millionen Euro betrogen zu haben. Das berichten die Tageszeitung Die Welt und der Bayerische Rundfunk und berufen sich auf den Abschlussbericht der Sonderermittlungsgruppe des BKA und des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen. Die Anbieter sollen nicht erbrachte Leistungen abgerechnet und dabei mit Angehörigen, Ärzten und Apothekern kooperiert haben. Laut den Ermittlern sollen dabei Pflegedokumentationen gefälscht und nicht qualifizierte Pflegekräfte eingesetzt worden sein.
Als Russisch-Eurasisch Organisierte Kriminalität (REOK) bezeichnet das BKA vor allem Straftaten, die von russisch-sprachigen Personen begangen werden. Demnach fallen darunter kriminelle Netzwerke, die von Personen dominiert werden, die in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion geboren wurden oder von Personen, die sich "aufgrund ihrer Kultur, Geschichte, Sprache, Traditionen oder Vorfahren als Angehörige einer Volksgruppe eines der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion betrachten", schreibt das BKA auf seiner Website.
Der generelle Verdacht ist seit Längerem bekannt. Bereits vor einem Jahr schätzte das BKA, dass den Sozialkassen mit betrügerischen Abrechnungen solcher Pflegedienste mindestens eine Milliarde Euro Schaden im Jahr entstanden sein könnte. Die Bundesregierung stattete die Krankenkassen durch eine Gesetzesänderung bereits mit zusätzlichen Kontrollbefugnissen aus. Neu sind die Details.
Den Berichten zufolge sollen sich zwei Drittel der betrügerischen Pflegedienste in bundesweit agierenden Netzwerken organisiert haben. Regionale Schwerpunkte sind demnach Nordrhein-Westfalen und Berlin, außerdem Niedersachsen, Brandenburg und Bayern. Gesteuert worden sein sollen die Netze überwiegend von Berlin aus. Viele der beschuldigten Betreiber sollen zusätzlich auch in andere kriminelle Machenschaften verwickelt sein, darunter Geldwäsche, Schutzgeldzahlungen und Glücksspiel.
Bei einer bundesweiten Razzia im vergangenen September in 108 Wohnungen und Geschäftsräumen waren unter anderem zwei nicht mehr scharfe Kalaschnikows und halbautomatische Waffen mit Munition sichergestellt worden...
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