Guten Tag, liebe Forengemeinde,
es ist mir heute ein Bedürfnis, etwas niederzuschreiben, ich entstamme eine jüdischen Familie, in die teilweise Christen eingeheiratet haben. Ich glaube an G-tt, aber irgendwie hadere ich stark mit ihm. Ich finde nicht "den Weg", oder "den richtigen Weg" - ein Rabbi meinte in einem Essay, er würde es bevorzugen, Ehen nur innerhalb der jeweiligen Glaubensgemeinschaft zu sehen, es gäbe bei der Erziehung der Kinder weniger Probleme. Er hat Recht.
Meine Ur-Großeltern mütterlicherseits sind Juden.
Mein Großmutter mütterlicherseits ist Jüdin.
Mein Großvater Protestant.
Mein Großvater väterlicherseits ist Katholik.
Meine Großmutter väterlicherseits ist Jüdin.
Mein Vater wurde sehr stark jüdisch geprägt erzogen, meine Mutter eher areligiös und auch apolitisch und so wurden auch jüdische Traditionen und Feste nicht oder sehr liberal gefeiert, selbst Weihnachten feierten wir wie meine christlichen Schulfreunde. Meine Eltern hielten sich nicht an die Kaschrut, bei meinen Großeltern weiß ich es nicht mehr genau, wahrscheinlich schon, ich war zu klein.
Und nun ich - ich sitze dazwischen.
Ich fühle mich keiner Gemeinschaft zugehörig, wenn ich zu einem christlichen Gesprächskreis gehe (offen für alle Konfessionen), erfahre ich eher Ablehnung, man begutachtet mich, als wäre ich fremd. Zur Synagoge könnte ich, sicher, ich habe nur keinerlei Beziehungen zur jüdischen Gemeinde bzw. Gemeinschaft. Ich weiß nicht einmal, wie ich mich korrekt verhalten sollte.
Ich weiß, ich bin nach der Halacha Jüdin, mein Bruder ist Jude - und doch, leben wir so, als wären wir Heiden, die zwar an G-tt glauben, aber ihren Glauben nicht (er)leben und auch die Glaubensriten nicht gelehrt wurden.
Heute ist das christliche Osterfest, ich weiß nicht mal genau, was man feiert an den Festtagen, ich muss immer Wikipedia bemühen. Ich glaube, dass es Jesus gab, als Mensch sicherlich. Als G-tt? Zum Christentum fühle ich keine Verbindung, mit dem Judentum bin ich verbunden und weiß trotzdem wenig darüber.
Wenn ich über Konfessionen rede, ich fühle mich jüdisch - aber mehr als ein Gefühl ist da nicht. Es ist seltsam, der Rabbi hatte sicher recht, man sollte Kindern eine Religion lehren.
Nachdenkliche Grüße
Tulla