Frankfurter Allgemeine Zeitung / 07.10.2023
ISRAELS VERTEIDIGUNGSMINISTER / ISRAELS VERTEIDIGUNGSMINISTER
„Die Hamas hat einen Krieg gegen den Staat Israel begonnen“
Israel wurde in der Nacht zum Ziel einer Attacke aus dem Gazastreifen mit Hunderten Raketen. Bewaffnete Kämpfer sollen auf israelisches Gebiet eingedrungen sein. Nach unbestätigten Berichten gab es dabei israelische Opfer.
Nach massiven
Angriffen aus dem palästinensischen Gazastreifen auf Israel hat die
israelische Armee am Samstag den
Kriegszustand erklärt. Das Militär reagierte damit auf Überraschungsangriffe militanter Palästinenser mit Hunderten von Raketen sowie auf das Eindringen bewaffneter Kämpfer aus dem Gazastreifen nach Israel. Nach unbestätigten Berichten gab es dabei israelische Opfer.
Israels Verteidigungsminister Joav Galant sagte: „Die Hamas hat heute Morgen einen schweren Fehler begangen und einen Krieg gegen den Staat Israel begonnen.“ Israelische Soldaten kämpften „an allen Stellen, an denen eingedrungen wurde“. Er rief die Bürger dazu auf, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten und sagte: „Israel wird diesen Krieg gewinnen.“ Die israelische Luftwaffe führte nach Angaben eines Sprechers am Samstagvormittag Luftschläge in Gaza aus. Ein Zeuge berichtete der Nachrichtenagentur Reuters von Explosionen im Gazastreifen und in Gaza-Stadt.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte am Morgen den Beginn einer „Militäroperation“ gegen Israel erklärt. Man habe beschlossen, israelischen Verbrechen ein Ende zu setzen, sagte der Militärchef Mohammed Deif in einer Botschaft.
Galant genehmigte auch die
Mobilisierung von
Reservisten. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums teilte mit, dies solle „entsprechend des Bedarfs der israelischen Armee“ geschehen. Bei massiven Raketenangriffen aus dem Gazastreifen wurde mindestens eine Frau getötet und mehrere Menschen verletzt. Die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtete von mehr als hundert Verletzten.
Aus Kreisen der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas verlautete, es seien auch Israelis in den Küstenstreifen entführt worden. Dafür gab es aber von Seiten der israelischen Armee zunächst keine Bestätigung. Die Palästinenser-Miliz Islamischer Dschihad ist nach eigenen Angaben mit Kämpfern an dem Angriff beteiligt, wie die Miliz am Morgen mitteilte.
Raketenalarm in mehreren Städten
In verschiedenen Städten Israels heulten nach Angaben der Armee die Warnsirenen, so auch in Jerusalem und Tel Aviv. Das Militär rief die Einwohner der südlichen und zentralen Landesteile auf, in geschützten Bereichen zu bleiben. Israel feiert gerade das jüdische Fest Simchat Tora (Freude der Tora). Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wollte im Lauf des Tages Sicherheitsberatungen mit Vertretern des Verteidigungsministeriums und der Armee abhalten.
Der Rettungsdienst Magen David Adom teilte mit, eine etwa 60 Jahre alte Frau sei bei einem direkten Treffer nahe Gedera tödlich verletzt worden. Zwei Menschen hätten bei den Angriffen aus Gaza schwere Verletzungen erlitten. Laut dem Rettungsdienst wurden weitere Menschen im Süden und in der Küstenebene in Krankenhäuser gebracht.
Auch in der Küstenmetropole Tel Aviv wurde nach Armeeangaben ein Haus getroffen. Es war zunächst unklar, ob es dabei Verletzte gab. Der Rettungsdienst rief wegen eines Mangels an Blutkonserven zu dringenden Blutspenden im Ichilov-Krankenhaus in Tel Aviv auf. Sanitäter berichteten außerdem von Verletzten bei den Raketenangriffen im Bereich der Ortschaften Aschkelon, Gedera und Javne. Die Einwohner der israelischen Grenzregion wurden aufgerufen, ihre Häuser nicht zu verlassen.
Der
massive Angriff aus dem Gazastreifen kam
unerwartet. Die Lage besonders im besetzten Westjordanland hatte sich allerdings zuletzt wieder zugespitzt. Seit Donnerstag waren dort vier Palästinenser bei eigenen Anschlägen oder Konfrontationen mit der Armee getötet worden.
Die Sicherheitslage in Israel und dem Westjordanland ist seit langem angespannt. Seit Jahresbeginn wurden 27 Israelis, eine Ukrainerin und ein Italiener bei Anschlägen getötet. Im selben Zeitraum kamen mehr als 200 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder nach eigenen Anschlägen ums Leben.
Die Hamas riss 2007 die Macht im Gazastreifen an sich
Israel hatte 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser beanspruchen diese Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt. An der Gaza-Grenze war es im vergangenen Monat mehrmals zu gewaltsamen Protesten gekommen. Dabei wurden auch Sprengsätze auf Soldaten geworfen, mehrere Palästinenser wurden durch Schüsse verletzt. Die israelische Luftwaffe griff angesichts der Vorfälle mehrmals Posten der im Gazastreifen herrschenden militanten Palästinenserorganisation Hamas an. Im Gazastreifen leben mehr als
zwei Millionen Menschen nach UN-Angaben unter
sehr schlechten Bedingungen. Die von EU, USA und Israel als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte 2007 gewaltsam die alleinige Macht an sich gerissen. Israel verschärfte daraufhin eine Blockade des Küstengebiets, die von Ägypten mitgetragen wird.
Quelle: dpa/Reuters/alri
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