Beethovens op. 59/3 wäre wie so viele Werke der Klassiker eine Möglichkeit der Transzendenzerfahrung, aber ohne daß man gezwungen wäre, verlogenen Religionsdreck oder anderen Esoterikmist zu fressen.
Man muß auch nicht nach Venedig, Rom und Paris fliegen, Château Chenonceau oder das Opernhaus von Versailles besuchen, die alle zusammen etwas derart Großartiges an sich haben, daß man meint, das kommt nicht allein aus dieser Welt.
Beethoven, Venedig, Petersplatz, Petersdom und Chenonceau haben etwas Physisches, man kann man sie im direkten und übertragenen Sinn anfassen und feststellen, ob der eigene Eindruck einer Überprüfung standhalten wird.
Anders als bei der Christenreligion und sonstigem, gerne auch indisch angehauchten Eso-Klimbim fällt das Ergebnis rundum bestätigend aus, selbst wenn so strenge Maßstäbe angelegt werden, wie es strenger gar nicht mehr geht.
Findet jemand einen Punkt, wo er ansetzen könnte, das Menuett aus op. 59, No.3 zu kritisieren?
Zu konservativ? Um 1806 herum wurde das Menuett meist durch ein gepfeffertes Schero ersetzt.
Gut, sagen wir, es ist zu rückwärtsgewandt. Aber Beethoven bleibt dabei nicht stehen. Er erweitert und vertieft das alte Schema, indem er dessen klangliche Geschlossenheit regelmäßig aufbricht und mit der Vielstimmigkeit seiner in op 18 erreichten Streichquartett-Kunst anreichert.
Etwas übertrieben gesagt, Beethoven hat ein die alte Menuett-Form kommentierendes Menuett komponiert, das passenderweise mit einem Fragezeichen endet und mit dem manischen Allegro molto, einem jupitersinfoniehaften Finale für Streichquartett beantwortet wird.
Falls das jemandem entgangen sein sollte: Alleine wie der erste elegante Gedanke dieses Menuetts ohne jede Spur des Gesuchten von der ersten Geige ins Cello wandert, anschließend wieder nach oben und sich die beiden Mittelstimmen, zweite Geige und Bratsche, kommentieren einschalten, ist zum Niederknien großartig, nicht einfach nur schön, was schon toll genug wäre, erst recht in unserer von Barbarei und Brutalismus heimgesuchten Zeit.
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Das - pardon - fast schon überirdisch inspirierte und kunstvolle Menuett bringt als Mittelteil wieder einen bodenständigen österreichischen Landler. Das stimmt so nicht, wir haben es mit dem Echo eines für Streichquartett gesetzten Bauerntanzes zu tun. Das ist ein Landler und doch wieder nicht, wie der ganze dritte Satz ein Menuett ist und doch wieder nicht.
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