Der derzeitige Bewusstseinszustand der Deutschen erinnert mich sehr stark an den der Franzosen 1939/40: Die hatten auch eine marode Armee, ein veraltetes militärstrategisches Denken und verließen sich auf ihre glorreiche Maginot-Linie. Was aus alledem wurde, wissen wir ja.
Heute sind die Deutschen genau so naiv: Sie meinen doch tatsächlich, dass sie sich auf den Schutzschild der NATO verlassen könnten. Sie verkünden stolz, dass Deutschland zum ersten Mal in seiner Geschichte "von Freunden umzingelt" sei. Sie haben keinerlei Bewusstsein dafür mehr, wie schnell sich die Weltlage ändern kann, und meinen, dass nach dem Ende des Kalten Krieges auf Deutschland ja keine Gefahr mehr zukommen könne. Sie versuchen krampfhaft, mit antiken Trans-All-Maschinen Waffentransporte zu bewerkstelligen u.v.a.m. Glauben sie denn wirklich, dass Polen oder die NATO mit ihren fünf Kampfjets in Osteuropa und kurz darauf Deutschland einem ernsthaften und massiven russischen Angriff auch nur ansatzweise etwas entgegenzusetzen hätten?
Sollte Putin tatsächlich eine solche Absicht haben, würde er jetzt Muskelkater kriegen wegen des Lachkrampfes, den er zur Zeit angesichts der Ratlosigkeit und Schwäche des Westens bekommen würde. Ich glaube aber nicht, dass Putin eine solche Absicht hat - aber wissen wir denn, wie seine Nachfolger gestrickt sein werden und wie schwach der Westen dann sein wird?
Auch die Franzosen versuchten 1939 das Ruder noch herumzureißen, aber es war zu spät. Genau so wird es Deutschland ergehen, wenn es nicht sofort einen Quantensprung in seiner Außen- und Weltpolitik vollzieht: Entschlossenes Verteidigungsbewusstsein, das sich in moderner und vor allem hochtechnologischer Ausrüstung und Bewaffnung äußert - das muss nicht unbedingt eine Truppenvergrößerung und einen höheren Verteidigungshaushalt bedeuten, sondern eine Organisation und Bewaffnung, die imstand ist, jeden möglichen Angreifer abzuschrecken, auch und vor allem dann, wenn es der "großen Führungsmacht" über dem Teich nicht gefallen sollte. Im Inneren wäre zu überlegen, ob nicht die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht wiederaufgehoben wird - selbstverständlich müsste dann auch wieder Wehrgerechtigkeit hergestellt werden; das ließe sich allerdings unter Umständen nur erreichen, wenn man eine allgemeine Sozialdienstpflicht einführt, die auch als Wehrdienst erfüllt werden kann. Ein solcher Sozialdienst könnte zwischen Schule und Berufsleben geschoben werden und auch Orientierungs- und Ausbildungsfunktionen haben, indem z.B. verschiedene Stationen mit unterschiedlichen Tätigkeiten durchlaufen werden. Die Dienstpflichtigen könnten sich orientieren, was für sie am Besten geeignet ist, und dann, wenn sie es gefunden haben, sich darin ausbilden lassen. Davon hätten auch Gesellschaft und Wirtschaft etwas. Das soll allerdings nur angedeutet werden, denn es ist eine andere Baustelle und nicht Gegenstand dieses Themenstrangs.